the agnostic quest

[AgnosticMind]

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von Hause aus eigentlich Wissenschaftler, habe ich mehrfach Möglichkeiten, einer weiteren akademischen Laufbahn ausgeschlagen, bin aber eher kritisch-rationalistisch, materialistisch geprägt. Jedoch „schizophrene Züge“ würde gut umschreiben, wie leidenschaftlich ich weder die spirituelle noch die materialistische These verwerfen kann.

Vor rund 2-3 Jahren bin ich in ein Umfeld von Menschen stark hinduistischer Prägung gelangt und wurde „gezwungen“ mich mit dieser Frage wieder mehr zu beschäftigen. Vor rund 2 Jahren habe ich dann eine Palmblattreise nach Indien unternommen, wo mir ein Leser in einer Jahrtausende Jahre alten Tradition mein Leben (Vergangenheit und Zukunft sowie meine vorangegangene Inkarnation) aus einem Palmblatt, dessen Inhalt ebenfalls vor Tausenden von Jahren verfasst wurde, vorgelesen hat. Und ich bin Wissenschaftler, ich habe keine Informationen geteilt vorher! Das ganze ist eine Geschichte für sich, hat aber mein Weltbild ins Wanken gebracht.

Mein gesamtes Umfeld ist eher von strengen Rationalisten geprägt, denen ich stets als der voll Eso angehauchte gelte, wenn ich darüber spreche, dass also die Inder dort etwas wussten, was sie unmöglich wissen konnten, und ob es möglich sei, dass es transzendente Zustände gibt, dass wir alle, nennen wir es mal allgemein, „spirituelle“ Erfahrungen, machen können . Es wird dann bisweilen auf meinen Cannabis Konsum geschoben (aktuell ca. 1g/Tag, meist oral - jaja, ich weiss...auf den sozialen Abstieg warte ich noch ), dass ich beginne zu phantasieren usw. Und rein rational-wissenschaftlich finden sich nahezu keine Argumente für die Glaubwürdigkeit der Thesen der Gläubigen, „spirituelle Erlebnisse“ erfahren zu haben, die über Autosuggestion/Pla-/Nocebo Effekte hinausgehen (Ausnahme sind sicher die uns noch nicht offenbarten Geheimnisse der Rolle der Quantenphysik als Brücke zum Verständnis und Zugang zum „Sein“, zur Feinstofflichkeit (hierzu unbedingt Klaus Volkamer lesen). Ich habe dann stets den Eindruck, dass diese Menschen sich etwas einbilden, wenn sie darüber sprechen, Gotteserfahrungen zu machen...Und so begibt es sich, dass ich zum größten Advokat des Materialismus werde, der mit dem Tod des Menschen einfach einen biologischen Zerfall sieht. Und alle Konzepte von Ich, Gedanken, Geist, Seele sind dann weg. Wo sonst wär denn unsere Seele, wenn wir schlafen, oder meldet die sich da mal zwischendrin? Bei mir jedenfalls nicht...alles nur Schall und Rauch....und empfinde es als kindlichen Wunsch des Menschen eine übersinnliche Erklärung, garniert mit ein bisschen Ethik, Mystik und Feel-Good herbeizuwünschen. Die Spiritualisten sagen stets, die Wissenschaft kann nichts erklären, immer nur beschreiben. Das stimmt auch. Hat die Wissenschaft aber auch nie behauptet, Falsifikations-Popper lässt grüßen. Und in dem Sinne frage ich stets, unter welchen Bedingungen wärst Du bereit, Deine These zu verwerfen, dass das „Gott“ war, das Du erlebt hast und nicht eine von 1 Mio. anderen Erklärungen.

Die Dynamik persönlicher Beziehungen führte mich letztlich vor einigen Monaten erstmals in meinem Leben in eine Psychotherapie – (etwas, was ich als große Zeit- und Geldverschwendung ansah, weil ich stets dachte, dass es so schwer wäre, einen geeigneten Therapeuten zu finden) irgendwann dann zum Entschluss kam, ok, jetzt musst Du auch mal über Deinen „Shit“ nachdenken. Nach rund 10 Sitzungen lag ich in meiner Hängematte im Garten, die Vögel zwitscherten und plötzlich wurde es mir klar. Als ob es mich rufen würde. Über 20 Jahre war es her...früher, war ich viel unterwegs auf Parties...Ende der 90er. XTC (ja so wurde es meist gelabelt, also MDMA...zumindest meistens... oder MDA, oder was wusste man schon... mit Anfang 20 war das auch irgendwie egal. Alkohol, Cannabis, Koks und natürlich LSD – dieses hatte schon immer eine mystische Anziehungskraft auf mich ausgeübt. Gleichwohl ich die Depersonalisierung die typischerweise mit LSD oder MDMA einhergeht eigentlich immer nur als lästigen Nebeneffekt erlebt habe, unangenehm, aber gehört nun mal dazu. Ein Kontext mit uns als spirituelle Wesen, die quasi von der Einheit getrennt in der Illusion leben müssen/dürfen und der „Bodyload“ ein Kollateralprodukt der partiellen, temporären Überwindung dieser Einheit sein könnte, war mir so nie gewahr. Viel mehr stand das sinnliche Erleben im Vordergrund. Nach 3-4 Jahren (und...wer weiss das schon noch...vielleicht 50-70 Phenylanin- und Tryptaminderivatsessions, davon rund 5-10 LSD Trips, eher nicht hochdosiert) war Schluss, und ich blieb beim Alkohol und THC ausschließlich.

Und nun da so hin und herschaukelnd kam in mir plötzlich mit großer Kraft die Idee auf – vielleicht öffnen mir Psychedelika den Weg/Zugang und lösen den Konflikt des ewigen Agnostikers? Aber erst muss mein Ego „sterben“... oder? Eine Welle der Euphorie übermannte mich. Und ich vertiefte mich intensiv ins Literaturstudium über Psychedelika. Je mehr ich las und auch hörte (so bin auf diese Seite gestoßen über den genialen Psychonautenpodcast von Gaius!), desto geringer wurde meine innere Unzufriedenheit, desto ausgeglichener und glücklicher wurde ich.

Kann das klappen?

Es ist nicht so, dass ich daran glaube, aber ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass dies genauso eintreten könnte. Oder es löst eine Psychose aus, wenn man der Literatur glauben darf, und mein Set ist ja nicht ganz unproblematisch...Mein Therapeut sagte mir, kurz bevor er die Therapie mit den Worten beendete „Ich kann mit Ihnen nicht arbeiten, wenn Sie vorhaben, diese Drogen zu konsumieren, das schließt sich mit dieser Therapie aus.“, dass ich das nun deshalb tue, weil ich an zu schmerzhafte Bilder/Emotionen aus der Vergangenheit während der Therapie rangekommen bin. Ich halte das für totalen Blödsinn, aber die Therapie abzubrechen finde ich auch schade, nun gut. Also therapiere ich mich jetzt selbst? Ich weiß es nicht. Vielleicht ist das so, auf eine gewisse Weise, ja. Leider bleibt eine psycholytische Therapie ja nur ein ferner Wunschtraum... Sicher bin ich aber auch neugierig auf die ganzen Reisen - der alte Ego Hedonist eben. Meskalin, DMT, Salvia, und was in der Entheobotanik nicht alles noch an Geheimnissen auf mich wartet...aber definitiv geht es da erstmal im lower dose Bereich los, ich denke mein Ego ist sehr stark, daher habe ich schon Respekt und will mir nicht zu viel zu schnell zumuten.

Das war vor 2 Wochen...und plötzlich ging alles ganz, ganz schnell. Was ich vorhatte in den kommenden Monaten, wurde plötzlich innerhalb von nur 1 Woche Realität. 1-PLSD, gerade noch als legale Substanz erhältlich im Internet gefunden, und vor einer Woche meinen ersten 1pLSD Trip gehabt. Ganz low angefangen, 50ug und nach 90min nochmal 50ug. Nach über 20 Jahren. Ein Wort: Wow! Die Erfahrung war einfach umwerfend, ein wunderschöner, eher sanfter, freundlicher Trip mit dennoch starken visuellen Effekten, viel sanfter als in meiner Erinnerung, aber sehr interessant. Eine Haupterkenntnis war ein überraschend klares und starkes Gefühl der Macht und Kontrolle über Verstand und Gefühle. Ich bin quasi Initiator allen dessen, was passiert in diesem Geist und Körper. Ich induziere auch Hormone, die meine Gefühle steuern. So konnte ich aufkommende Tränen im Keim ersticken und tatsächliche Freude empfinden, die auch anhielt. Seitdem spüre ich auch eine gewisse innere Ruhe, die meinen Geist, mein Inneres beseelt. Meine Reise hat also begonnen...

Da ich wie gesagt einerseits Neuling bin, andererseits aber auch schon ein alter Hase würde ich gerne mal Kontakt knüpfen zu Psychonauten, die sich gerne mal mal zu all diesen Themen austauschen wollen oder wenn es gar passt sogar mal einen Abschnitt zusammen reisen möchten...Raum Berlin ideal.

Vielleicht treiben den einen oder anderen ja ähnliche Gedanken um...

[Herr von Böde]

Ich finde den Rationalismus gar nicht verkehrt, er muss nur seine Grenzen kennen.
Die Ratio ist für das Material und seine "Aggregatzustände" und Eigenschaften gemacht (Energie, Ausdehnung, Zeitlichkeit).
Das ist die messbare Realität mit der die Ratio wunderbar umgehen kann.
Nur ist das Messbare nicht die ganze Wirklichkeit.
Die erfahrbare Wirklichkeit ist das Du entscheiden kannst Deinen Fuß zu heben und dein Fuß tut das tatsächlich.

Hier bekommt die Ratio plötzlich mE. unauflösliche Probleme, weil sie nicheinmal im Entfertesten erklären kann wie eine Entscheidung Material beeinflussen kann. Nichteinmal kann sie erklären was überhaupt eine Entscheidung ist. Sie kann nur materiell Prozesse messen die Gleichzeitig mit der Entscheidung stattfinden (Hirnaktivität) und das auch sehr genau. Aber eine Hirnaktivität ist eben eine Hirnaktivität und eben keine Entscheidung.
Die Ratio kann nicht beschreiben was eine Entscheidung ist, sowenig wie sie beschreiben kann wie das Erlebnis der Farbwahnehmung ist.
Wenn das ein Scheinproblem wäre, würde Du Dir deine Fragen nicht stellen und hättest kein LSD genommen.
Wenn das ein Scheinproblem ist dann ist es der Schein des Problemes der Realität manifestiert.
Logisch würde das bedeuten das dem Schein eine bedeutendere Rolle zukommt als wir es gewohnt sind anzunehem. Schein ist zwar nicht Realität aber als Wirklichkeit mitunter eine Vorstufe derselben. Er ist Wirklichkeit.
An dieser Wirklichkeit kommt die Ratio an ihre Grenzen, da ist sie nicht gemacht für.

Viele materialistische und rationalistische, besser atheistische Dogmatiker lehnen vorschnell und irrationalerweise diese offensichtlichen Wirklichkeiten ab. Sie leugnen sie einfach obwohl sie Begriffe dafür gebrauchen.

Ein ähnlich sinnloser und irrationaler Einwand vieler Atheisten ist der das wenn ein Gott die Welt geschaffen hätte dann noch geklärt werden müsste wer Gott geschaffen hat, die "Gläubigen" würden nur den "ontologischen Sprung" mit der Gottesannahme machen und gar nichts klären.
Sie übersehn dabei das sie eben auch nichts klären wenn es plötzlich aus dem Nichts knallt.
Bei diesem Knall aus dem nichts Endet die Rationalität.
Der Rationalist der auch Atheist ist müsste anekennen das der Ursprung der Welt irrational ist und trotzdem glaubt er zu wissen die dass das was einen irrationalen Ursprung hat einen rationalen Charckter hat und schaffen sich damit das nächste Problem, das dieses aus Irrationalität entstande Produkt plötzlich beginnt (durch lauter Zufall natürlich) die Rationalität zu entdecken, das in diesem Produkt (der Welt) tatsächlich Erleben möglich wird.

Wer nicht ganz dicht ist (wer nicht völlig verkleistert ist), muss sich über solche rational genannten, in Wirklichkeit aber völlig irrationalen Annahmen natürlich wundern und stellt sich Fragen.

Der psychedelische Weg kann Verständnis bringen, sicher aber kein Begreiffen. Wer sich festhalten(be-greiffen) will muss sich auf das Material verlassen und das Werkzeug das für das Material gemacht ist, die Ratio und hoffen das da sonst nichts ist, wer loslässt wird aber verstehen.

[Corto]

Hoppla AgnosticMind, vielen Dank für den seelen Einblick. Momentan ist mir nicht so danach Texte verfassen, deshalb nur kurz das ich im letzten Jahr einige Versuche mit selbstgebrauten Ayahuasca gemacht habe bei dem der letzte von 3 Reisen mir dermaßen das Fell aufgerissen hat das ich immer noch am Verdauen bin.

Vor langer Zeit hatte ich viele Trips mit den unterschiedlichsten Substanzen gemacht und war danach lange ab davon. In den letzten Jahren habe ich mich dann wieder langsam vor allem an Pilze rangetastet und bin letzten Sommer dann bei dem Ayahuasca gelandet. Selber brauen werde ich so schnell nichts mehr davon aber ich bin bereit für eine geführte Sitzung mit mehreren Leuten weil ich mir davon eine gewisse Erdung verspreche. Nicht das mein letzter Trip schrecklich war. Nein wirklich nicht. Es war mehr ein machtvoller Mahlstrom der keinen Stein auf dem anderen gelassen hat bei dem vieles neu ausgerichtet werden muss.

[AgnosticMind]

Sei gegrüßt Herr von Böde,

eingangs ein großes Dankeschön für Deinen wertvollen Kommentar und sorry, dass ich erst jetzt zum Antworten komme. Die letzten Wochen waren so intensiv, dass ich selbst erstmal ein wenig meine Gedanken neu sortieren musste. Tatsächlich stelle ich fest, dass ich vielleicht die Frage falsch formuliere. Vielleicht geht es weniger um die Dialektik zwischen Ratio und Gefühl, sondern vielmehr um die Gegenüberstellung Materialismus vs Spiritualität, und hier die Kernthesen, wir sind das Produkt eines komplexen Systems an neuro-chemischen Vorgängen, dass irgendwann die Illusion eines "Selbst" entwickelt hat (und dieses aber nie endgültig wird rationalisieren i.S.v. begreifen kann) oder wir sind Seelenwesen die der illusorischen Trennung, der Maya, unterworfen sind, wie es uns die östlichen Lehren vermitteln. Kurioserweise wäre in beiden Fällen klar, dass die Realität wie wir sie wahrnehmen, nur ein Teil bzw. nur eine Illusion ist, ich glaube das streitet heute auch keine ernsthafter Physiker mehr ab).

Ich habe ein sehr tiefgreifendes Erlebnis in einem sehr ausführlichem Reisebericht hier im Forum in 2 Teilen geschildert (viewtopic.php?f=8&t=1664). Ich habe dort tatsächlich etwas erlebt, was mir Antworten gegeben hat. Nur um dann festzustellen, dass mein Geist im Anschluss schon wieder sehr materialistischen Erklärungen für das Phänomen sucht und findet, die einer gewissen Überzeugungskraft nicht entbehren. Ich würde mich sehr freuen, wenn Du Lust hättest, diesen mal zu überfliegen und mir Deine Meinung zu meiner möglichen "Interpretation"/"Rationalisierung" zu liefern. Ich habe einige Deiner Beiträge gelesen und denke, dass Du sehr firm und erfahren bist in diesen Fragen. Leider habe ich meinem Umfeld keine Menschen, mit denen ich solche substanzinduzierten Erfahrungen wertfrei diskutieren kann.