Informationen zum d-LSD-25 von Dr.Zeh
Verfasst: 4. Mär 2014, 23:04
LSD - allgemeine Informationen zum Wesen der Substanz, zur Geschichte und zu Fragen der Reinheit - von Dr_Zeh
(eine zum Teil etwas überarbeitete und aktualisierte Version eines ursprünglich 2002 für mindeye.net verfassten Artikels)
Die farblose, geruchlose und geschmacksneutrale Verbindung Lysergsäurediäthylamid wurde erstmals 1938 in den Baseler Labors der Firma Sandoz von dem Chemiker Albert Hofmann als die fünfundzwanzigste in einer Serie von Ergotamin-Verbindungen synthetisiert - ursprünglich mit der Absicht, ein Analeptikum (Kreislauf- und Atmungsstimulanz) zu entwickeln.
Ergotamin, der Ausgangsstoff für die Lysergsäure, kann aus den Alkaloiden des Mutterkorns gewonnen werden, eines Pilzes (Claviceps purpurea), der auf Roggen schmarotzt und der zum einen in der mittelalterlichen Geburtshilfe von den "Weisen Frauen" zur Geburtseinleitung gebraucht wurde (Namensgebung), der zum anderen aber auch für einige mehr oder weniger gut dokumentierte Fälle von Massenvergiftungen verantwortlich ist, die durch den Verzehr von kontaminiertem Roggenmehl hervorgerufen wurden. Ich selber kann hierzu keine Quelle angeben - es las mir lediglich einmal jemand einen Bericht über eine solche Ergotamin-Vergiftung vor, die im 20. Jahrhundert in Frankreich ein kleines Dorf fast komplett befallen hatte. Zunächst, so der Bericht, verfielen die Vergifteten in Rauschzustände, die denen des LSD nicht unähnlich gewesen zu sein scheinen und die bis zu mehreren Tagen anhielten. Währenddessen kam es aber auch, je nach Vergiftungsgrad, zu immer schwereren körperlichen Symptomen. Extreme Durchblutungsstörungen führten in weniger schweren Fällen zum Taubwerden und Absterben einzelner Gliedmaßen, im Extremfall folgte der Tod durch Kreislaufversagen. ("Ergotismus, St.Antonius-Feuer, Höllen-Feuer, ...")
Heute noch wird das Ergotamin in therapeutischer Dosierung als Migräne-Mittel benutzt.
Albert Hofmann in "LSD - mein Sorgenkind" über die Zeit der Erstsynthese 1938:
"Bei der Prüfung von LSD-25 in der pharmakologischen Abteilung bei Sandoz (...) wurde eine starke Wirkung auf die Gebärmutter festgestellt. Im Übrigen war im Untersuchungsbericht vermerkt, dass die Versuchstiere in der Narkose unruhig wurden. Die neue Substanz erweckte aber bei unseren Pharmakologen und Medizinern kein besonderes Interesse; weitere Prüfungen wurden deshalb unterlassen."
1943 erinnert sich Hofmann der fünf Jahre lang vergessenen Substanz:
"Eine merkwürdige Ahnung, dieser Stoff könnte noch andere als nur die bei der ersten Untersuchung festgestellten Wirkungsqualitäten besitzen, veranlasste mich, fünf Jahre nach der ersten Synthese LSD-25 nochmals herzustellen, um es erneut für eine weitere Prüfung in die pharmakologische Abteilung zu geben."
Während Hofmann an der erneuten Synthese von LSD-25 arbeitet, kontaminiert er vermutlich seine Haut mit einer Spur der kristallinen Substanz und muss aufgrund "ungewöhnlicher Empfindungen" das Labor vorzeitig verlassen. Darauf schickt er folgenden Bericht an seinen Vorgesetzten:
"Vergangenen Freitag, 16.April 1943, mußte ich mitten am Nachmittag meine Arbeit im Laboratorium unterbrechen und mich nach Hause begeben, da ich von einer merkwürdigen Unruhe, verbunden mit einem leichten Schwindelgefühl, befallen wurde. Zu Hause legte ich mich nieder und versank in einem nicht unangenehmen rauschartigen Zustand, der sich durch eine äußerst angeregte Phantasie kennzeichnete. Im Dämmerzustand bei geschlossenen Augen - das Tageslicht empfand ich als unangenehm grell - drangen ununterbrochen phantastische Bilder von außerordentlicher Plastizität und mit intensivem, kaleidoskopartigem Farbenspiel auf mich ein. Nach etwa zwei Stunden verflüchtigte sich dieser Zustand."
Am 19. April 1943 entscheidet sich Hofmann aufgrund der vorhergehenden Ereignisse und Beobachtungen zu einem gezielten Selbstversuch mit LSD. Er wählt, wie er glaubt, eine sehr vorsichtige Dosis von 0,25 mg, 250 Microgramm (µg). Diese nimmt er gegen 16:20 Uhr ein. Um 17:00 ist er kaum noch in der Lage zu schreiben, fährt in Begleitung einer Assistentin mit dem Fahrrad nach Hause (daher das Männlein auf dem Fahrrad auf den 1995er (93er?) Jubiläums-Trips) und läßt, da er befürchtet, sich tödlich vergiftet zu haben, den Hausarzt kommen. Dieser findet seinen Patienten zwar in großer Furcht und Erregung und mit extrem erweiterten Pupillen vor, kann ansonsten jedoch zu keinerlei pathologischen Befunden kommen.
Albert Hofmann machte einen recht hochdosierten LSD-Trip durch, der ihn allein schon aufgrund seines völligen Unvorbereitetseins zutiefst in Panik versetzte. Er erholte sich nach eigenen Angaben - Einzelheiten lese man in der oben angegebenen Quelle nach - recht schnell von diesem ersten tiefen Ausflug in die LSD-Räume, dem im Laufe der Zeit weitere, erquicklichere folgten, z.B. zusammen mit dem Dichter Ernst Jünger im Februar 1951.
Am 25. Januar 2002 wohnte ich der "Hommage a Albert", seiner Feier zum 96. Geburtstag in Berlin bei. Aus gesundheitlichen Gründen konnte er nicht persönlich erscheinen, aber Leute, die ihm begegnet sind, versicherten mir unabhängig voneinander, dass er eine "wirklich eindrucksvolle Erscheinung" sei.
Nungut, vielleicht, so mag man einwenden, haben diese Leute einfach nur zu viel von diesem Zeug, diesem LSD genommen, und...
Lassen wir aber, was die Wirkung angeht, einen Fachmann sprechen. Stanislav Grof, Psychiater, greift auf eine langjährige Erfahrung als LSD-Psychotherapeut (das war vor dem Verbot) zurück und hat einige Tausend LSD-Sitzungen begleitet und ausgewertet.
In seinem Buch "LSD-Psychotherapie" schreibt er zur Pharmakologie von LSD:
"Im Grossen und Ganzen habe ich bei meinen Analysen der Befunde keine deutlich pharmakologischen Wirkungen gefunden, die konstant gewesen wären und daher als drogenspezifisch betrachtet werden können."
Das heißt natürlich nicht, dass es nicht auch häufig auftretende körperliche Wirkungen gebe, wie z.B. eine deutlich verstärkte neuronale Aktivität oder eine Erweiterung der Pupillen. Es gibt jedoch Fälle, in denen selbst die Pupillenerweiterung unter Einfluss von genügend hoch dosiertem LSD-25 ausbleibt. Genauso verhält es sich hinsichtlich der klassischerweise berichteten psychischen Veränderungen in Form von gestaltlichen Visionen, abstrakten Mustern, kaleidoskopartig sich wandelnd, Synästhesien, dem Verschmelzen von Eindrücken, Halluzinationen, geschmacklich, geruchlich, im Sehen und im Hören und taktil, Veränderungen der Körperwahrnehmung, des Raumes und Veränderungen der Zeit; Empfindungsveränderungen wie dem scheinbar paradoxen und doch möglichen Verschmelzen gegensätzlicher Gefühle wie z.B. von Trauer und Freude - oder einer tiefen emotinalen Klarheit, großer Gefühlsausbrüche jeder Schattierung, der veränderten Selbstwahrnehmung als entgrenzt, beengt, frei, gefangen, tot oder lebendig, der veränderten Realitätswahrnehmung: Telepathie! Paranoia? Heiligkeit! Wahnsinn? (...Ein "Dankbarer Toter": das lautlose, strahlende Zerbersten in der Weite des inneren Raumes - die Leere dahinter - all-EIN...) Wesen Anderer Dimensionen, Götter Längst Vergessener Zeiten, UFOnauten, Psychonautische Bewußtseins-Zauberer, Ein Netz Von Diamanten, das Unnennbare - Gott - Transzendenz - ...!
Gut - o.k. - ich habe mich für einen Moment vergessen:
Es gibt also keine so konstanten Wirkungen des LSD, als dass sie als rein pharmakologisch gelten könnten. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass es andere Determinanten der Wirkungsausprägung geben muss - und hierzu zählen vor allem die Umgebungssituation (Setting) und die lang-, sowie kurzfristigen innerseelischen Vorraussetzungen (Set), die der Reisende selbst in den Trip mit einbringt. Die Wichtigkeit des "Sets" wird am deutlichsten durch Grofs Schilderungen dieser Komponente in Hinsicht auf psychische Erkrankungen: Ein Mensch zum Beispiel, der krankhaft stark auf den Erhalt der Selbstkontrolle fixiert ist ("Zwangs-Neurotiker") und nichts mehr fürchtet, als den Verlust derselben, wird höhere Dosen LSD verkraften, wörtlich also mit viel Kraft unterdrücken, so dass ihm auch keine der möglichen psychischen Effekte erscheinen. (Das gleiche mag in leicht abgewandelter Form für indische Yogis gelten.) Andererseits kann eine Person mit psychotischer Neigung bereits durch vergleichsweise geringe Mengen LSD eine akute Verschlechterung der psychischen Situation bis hin zur völligen psychotischen Krise durchmachen.
Selbstverständlich sind diese beiden Beispiele die extremen Enden der Skala - dazwischen tut sich dem geistig und körperlich gesunden Reisenden für etwa 12 Stunden nach Einnahme eine unendliche Vielschichtigkeit möglicher Erfahrung auf.
In der Packungsbeilage des LSD, das von Sandoz schließlich als "Delysid" zur psychiatrischen Behandlung und zu Forschungszwecken bereitgestellt wurde (als 1ml-Ampullen, die 100 µg LSD enthielten und als Filmtabletten mit 25 µg) heißt es über die Eigenschaften:
"Die Verabreichung sehr kleiner Mengen Delysid (1/2 - 2 µg/kg Körpergewicht) führt zu vorübergehenden Affektstörungen, Halluzinationen, Depersonalisierungszuständen, Nacherleben verdrängter Erinnerungen und schwachen neuro-vegetativen Symptomen. Die Wirkung tritt nach 30 bis 90 Minuten ein und hält gewöhnlich für 5 bis 12 Stunden an. Gelegentlich jedoch kann es zu intermittierenden Affektstörungen kommen, die über einige Tage anhalten."
Als Indikation zur Verabreichung und zur Dosierung läßt uns der Hersteller folgendes wissen:
"a) In der analytischen Psychotherapie zur Förderung seelischer Entspannung durch Freisetzung verdrängten Materials, insbesondere bei Angstzuständen und Zwangsneurosen. Die Initialdosis beträgt 25 µg. Steigerung der Dosis bei jeder Behandlung um 25µg, bis die Idealdosis gefunden wird (für gewöhnlich zwischen 50 und 200 µg). Die individuellen Behandlungsintervalle sollten eine Woche betragen.
b) Experimentelle Studien über das Wesen der Psychose: Indem der Psychiater selbst Delysid einnimmt, wird er in die Lage versetzt, eine Einsicht in die Welt der Ideen und Wahrnehmungen psychiatrischer Patienten zu gewinnen. Um das Studium der Pathogenese psychischer Erkrankungen zu erleichtern, kann Delysid an normale Personen verabreicht werden, wodurch Modell-Psychosen von kurzer Dauer erzeugt werden.
Für normale Personen reicht für gewöhnlich eine Dosis zwischen 25 bis 75 µg aus, um eine halluzinatorische Psychose zu erzeugen (durchschnittlich 1 µg/kg Körpergewicht). Bei manchen Formen der Psychose oder bei chronischem Alkoholmissbrauch sind höhere Dosen erforderlich (2-4 µg/kg KG)."
Glücklicherweise ist mittlerweile, nach nun 60 Jahren LSD-Erfahrung, das reduktionistische und pathologisierende Konzept der Modell-Psychose überholt. Ein reflektiertes und schlüssiges Modell stellt Grof mit seiner Theorie von den verschiedenen Matrizen des Unbewussten vor - leider aber nützt auch das uns heute nur bedingt, denn bereits 1966 (3 Jahre nachdem Richard Alpert und Timothy Leary aus Havard rausgeflogen waren und die "League of Spiritual Development" gegründet hatten) wurde der wissenschaftlichen Forschung endgültig der Riegel vorgeschoben, indem LSD illegal gemacht und zunächst in den USA, dann weltweit - geächtet wurde.
Das Aufblühen des Schwarzmarktes, vor dem Dr. Leary in den Kongressanhörungen Mitte der 60er noch ausdrücklich gewarnt hatte, war die Folge. Anstelle für gewissenhafte und gewinnversprechende Forschungsarbeit, wurde LSD nun in der Subkultur für unkontrollierte Selbstversuche benutzt. Einige dieser Privatsitzungen, wie z.B. die berühmten Acid-Tests der Gruppe der "Merry Pranksters" rund um den Schriftsteller Ken Kesey ("Einer flog übers Kuckucksnest"),
wurden sicherlich mit einem großen Verständnis für die Sache und den Menschen an sich durchgeführt (...war auch eh vor dem Verbot!). Zwangsläufig aber kam es unter der Vielzahl von Konsumenten von Schwarzmarkt-LSD zu einer Reihe von Zwischenfällen, die den Medien, die das Anti-LSD-Programm der Regierung unterstützten, ein gefundenes Fressen waren. Schnell wurden "wissenschaftliche" Studien vorgelegt, die Chromosomenbrüche durch LSD-Konsum "bewiesen".
Mit dem Schwarzmarkt tauchte ein weiteres Problem auf: Die Frage nach der Reinheit der verkauften Substanz. Es kursierten bald Gerüchte über reines Strychnin, das als LSD angeboten wurde, oder über LSD, das mit dem Gift versetzt gewesen sei.
Erowid hierzu:
"Betrachtet man den Ursprung der Gerüchte über Strychnin (in LSD), findet sich dafür eine nur schmale Basis. Einer der Hinweise aus der professionellen Literatur stammt von Sid Schnoll (Schnoll, SH & Vogel, WH (1971) New Engl.), welcher von einem positiven Ergebnis einer Dünnschicht-Chromatographie einer LSD-Probe berichtet. Die Dünnschicht-Chromatographie ist lediglich ein Screening-Test und nicht zur definitiven Identifikation geeignet. Auf Nachfrage antwortete Sid aus der Erinnerung, dass die Probe nur eine Spur Strychnin enthalten habe und dass dieses Ergebnis nie mittels einer anderen Methode überprüft worden sei.
Der andere Bericht stammt aus der populären Veröffentlichung Albert Hofmanns "LSD:mein Sorgenkind". Hier spricht Hofmann davon, dass Strychnin als LSD-Pulver verkauft worden sei, wobei eine von zwei Personen, die dieses zu sich genommen hatten, zu Tode gekommen sei. Ebenfalls auf Nachfrage, konnte sich Albert weder zu Details der vorgenommenen Analyse der ihm vorgelegten Probe noch zum klinischen Verlauf im Falle der beiden Personen äußern. Er sagte jedoch, dass sich dieser Vorfall 1970 ereignet habe und dass niemals toxikologische Analysen solcher klinischer Proben vorgenommen worden seien. Man beachte, dass es in diesem Fall gar nicht um LSD ging. Es war kein LSD mit Strychnin verunreinigt worden, sondern vielmehr wurde Strychnin als LSD verkauft."
Was auch zu bedenken ist: wenn das LSD nicht gerade als Flüssigkeit oder in normaler Tabelettenform (=großes Volumen), sondern als bedruckte Papierstreifen (engl. Blotter) oder Micro-Dots (Stecknadelkopf große Bröckchen) angeboten wird, so kann dieses Medium niemals mehr als allerhöchstens wenige Milligramm aufnehmen. Laut Literatur liegt die LD 50 des Strychnins (=die Stoffmenge, die durchschnittlich 50% der Versuchspersonen umbringen würde) um 300mg. Der Abstand zwischen wirksamer und tödlicher Dosis ist beim Strychnin sehr schmal, so dass eine Strychnindosis, die überhaupt Vergiftungssymptome auslösen würde, ohne den Konsumenten umzubringen, weit über der Menge läge, die auf ein Papier passt. Zu den Symptomen einer Strychninintoxikation zählen:
-Zittern/Zuckungen (Tremor)
-Atemnot
-Angstgefühl (angstvolle Ich-Auflösung)
-schwere Krämpfe bei vollem Bewußtsein
-Tod durch Atemlähmung/Ersticken (infolge der Beteiligung der Atemmuskulatur am Krampfverhalten)
Weiter problematisiert wird die Situation nun dadurch, dass das LSD selbst psychosomatische Symptome hervorbringen kann, die sich ähnlich äußern wie die Vergiftungszeichen bei Strychnineinnahme. Gerade das oben erwähnte "Angstgefühl" stellt keine Seltenheit dar, auch zur "Ich-Auflösung" kommt es bei entsprechender Dosierung leicht; ob dies nun als "erleuchtend" und "befreiend" oder aber als "zutiefst schrecklich" empfunden wird, obliegt allein dem Erleben und der Interpretation des Beobachters!
Werden verdeckte psychische Inhalte von traumatischer Natur aufgedeckt und nacherlebt, können bisweilen sehr dramatische Symptome auftreten. Stan Grof berichtet von Einzelfällen, in denen Patienten eine bestimmte Phase des eigenen Geburtsprozesses nacherlebten, in der das Kind im Geburtskanal ungeheurem Druck ausgesetzt ist und u.U. wirklich um sein Leben ringt. Dieses Nacherleben unter LSD-Einfluss rief bei den Patienten z.T. Erstickungsgefühl, wirkliches Blauwerden des Gesichts (Sauerstoffmangel), starkes Erbrechen und das Gefühl äußerster Beklemmung hervor.
Auch Zittern oder Zuckungen können körperlicher Ausdruck der rein psychischen LSD-Wirkung sein.
Dieser Aspekt ist nicht zu unterschätzen; es ist wesentlich wahrscheinlicher, im LSD-Rausch auf Gebiete der eigenen Psyche zu stoßen, die man nicht handhaben kann, ohne dabei auch körperliche Veränderungen zu bemerken, als dass man tatsächlich aufgrund toxischer Beimengungen eine Vergiftung erlitten hätte.
Andererseits versteht es sich aber von selbst, dass, nachdem das Strychnin-Gerücht in Umlauf war, es sein Übriges dazu beitrug, dass seltsame Körperempfindungen entsprechend interpretiert wurden...
Interessant ist "Erowids" Beleuchtung möglicher chemischer Zusammenhänge:
"Strychnin ist nicht die Ursache für Krämpfe, Übelkeit oder amphetaminähnliche LSD-Effekte. Es ist jedoch möglich, dass stümperhaft synthetisiertes LSD letztlich auch andere Ergotamin-Derivate enthält, die zu den bedrohlichen Körperreaktionen beitragen, die von manchen LSD-Konsumenten erlebt werden. Auch kann es sein, dass Schwarzmarktware vereinzelt die dem LSD chemisch eng verwandten Stoffe 1-Methyl-LSD und 1-Acetyl-LSD enthält, die in wässriger Lösung zwar zu LSD zerfallen, in ihrer ungelösten Form jedoch ebenfalls sehr unangenehme Körperempfindungen induzieren können. (Peter Stafford behauptet in seiner "Psychedelic Enzyclopedia", dass 1-Acetyl-LSD eine vermutlich sanftere Wirkung zeigt, als d-LSD --- weshalb die Vermutung naheliegt, dass es sich beim "strychninverseuchten Acid" eigentlich um reines d-LSD handelt, während "reines LSD" 1-Acetyl-LSD oder irgendein anderer Ersatz sein könnte.) Nicht zu vergessen die Zerfallsprodukte von LSD, die Chemikalien iso-LSD und lumi-LSD, die ebenso bei einigen Trips zur körperlichen Belastung beitragen, möglicherweise mittels eines hypothetischen synergetischen Effektes. Ausgehend von diesem Pfuhl an möglicherweise in "Straßen-Acid" enthaltenen Chemikalien , braucht man nicht lang nach einer Chemikalie suchen, die fast nie in analysierten Proben gefunden wurde, um die Variationen von Stärke und "Reinheit" des Straßen-Acid zu erklären.")
Last not least einige Anmerkungen zur Flüchtigkeit des Lysergsäurediäthylamids von Alexander Shulgin, dem Entdecker des MDMA und einer ganzen Reihe anderer psychotroper Phenylethylamine:
"Das LSD-Molekül ist von aussergewöhnlich lockerer Struktur, weswegen einige Bemerkungen zu Stabilität und Lagerung angebracht sind. Als Salz in wäßriger Lösung und ohne dass es Luft oder Sonnenlicht ausgesetzt ist, hält es sich ewig. Die Molekülstruktur weist zwei Schwachstellen auf. So kann die Kohlenstoff-Gruppe an der achten Bindungsstelle durch basische Umgebungsbedingungen angegriffen werden. Durch einen Prozeß, der Epimerisation genannt wird, kann diese Bindung brechen, wodurch Iso-Lysergsäurediäthylamid oder iso-LSD entsteht, was einen anteiligen Verlust von aktivem Material bedeutet. Eine zweite und davon unabhängige Bindungs-Unsicherheit liegt bei der Doppelbindung zwischen jener achten Position und dem aromatischen Ring. Wasser oder Alkohol können - speziell unter dem Einfluss von Sonnenlicht (ultravioletter Anteil!) - an dieser Stelle angebunden werden, so dass das völlig wirkungslose lumi-LSD entsteht. Oh ja, was oft übersehen wird, ist, dass sich für gewöhnlich eine winzige Menge an Chlor im Leitungswasser befindet - und dass unter diesen Umständen auch nur eine ebenfalls winzige Menge LSD in einer solchen LSD-Lösung zu finden sein wird. Da Chlor LSD beim Kontakt zerstört, ist es nicht angebracht, LSD in Leitungswasser zu lösen."
Die Wirkung solcher Zerfallsprodukte (und auch von Nebenprodukten, die während der Synthese entstehen) ist ungeklärt. Der Autor und erfahrene Psychonaut Bruce Eisner teilte mir in einem am 11.01.2004 geführten Telefonat mit, dass er nicht der Ansicht sei, dass diese Nebenprodukte nennenswerte psychotrope Eigenschaften besäßen, dass jedoch davon ausgegangen werden könne, dass sie zu einer Blockade der Rezeptoren führen würden, an die eigentlich das LSD andocken sollte, so dass man folgendes annehmen könne: Vorausgesetzt, wir haben es mit LSD von pharmazeutischer Qualität zu tun (das herzustellen laut Eisner einem kompetenten Untergrund-Chemiker mit der entsprechenden Ausrüstung durchaus möglich sein sollte), von dem jedoch aufgrund von Licht- oder Lufteinwirkung bereits 60% zu Zerfallsprodukten oxidiert worden sind, bzw. diese 60% als synthesebedingte Verunreinigungen vorliegen, so fluten die Nebenprodukte deutlich schneller an und besetzen bereits einen Großteil der Rezeptoren. Für die verbliebenen 40% "reinen" LSDs stehen somit nur noch wenige Rezeptoren zur Verfügung. So kann also der Wirkungseintritt als ein Maßstab der Reinheit angesehen werden. Wirklich sauberes LSD sollte seine ersten Vorboten einer Wirkung nicht zeigen, bevor nicht wenigstens 40 Minuten nach der oralen Aufnahme vergangen sind, während die Isomere oder Nebenprodukte bereits nach etwa 20 Minuten eine latente Wirkung zeigen.
Dazu muss ich jedoch anmerken, dass ich diese Aussage mit Stan "The Bear" Owsley, einem der in Eisners Artikel erwähnten Untergrundchemiker der frühen psychedelischen Zeit, in einer E-Mail Korrespondenz diskutierte, woraufhin er mir erklärte, dass er an Eisners Zurechnungsfähigkeit zweifele und mir auseinandersetzte, dass LSD durch Injektion innerhalb von 60 Sekunden anflute, es etwa 5 Minuten brauche, wenn man es in das Auge träufele, dass der Zeitraum, der zwischen der sublingualen (="unter die Zunge legen") Aufnahme und dem Wirkungseintritt liege, etwa 15 Minuten betrage und dass es beim Schlucken davon abhänge, ob man vorher gefastet habe (10-15 Minuten) oder der Magen voll sei (bis über 1 Stunde). Ganz abgesehen von diesen Daten, die jeder für sich verifizieren kann, ist ganz allgemein nicht geklärt, ob es überhaupt soetwas wie LSD-Rezeptoren gibt.
Um die Verunsicherung nun noch weiter zu steigern, sei darauf hingewiesen, dass einige der von Shulgin entdeckten Phenylethylamine bereits im unteren Milligrammbereich wirksam sind und somit in wäßriger Lösung auch auf kleinen Trägermedien wie z.B. Pappen Platz finden. Zu diesen Stoffen zählen DOB, DOM (STP), 2CB und einige andere. Meskalin hingegen, das zur gleichen Stoffgruppe gehört, käme hierfür nicht in Frage, da es einiger Hundert Milligramm bedarf, um eine psychotrope Wirkung zu erzielen. Solche mutterkorn-fremden Zusätze stellen meines Erachtens nach jedoch nicht wirklich ein Problem dar, denn ein vernünfiger Grund, warum heutzutage solche Substanzen als LSD angeboten werden sollten, liegt nicht unbedingt auf der Hand.
Ich persönlich kann nur sagen, dass ich in den allermeisten Fällen, mit dem, was ich erhielt, auch zufrieden war. Natürlich gab es Ausnahmen, wie z.B. der 100 Mark teure Bogen Pappe, den mir ein freundlich lächelnder Herr in Amsterdam verkaufte, und der wirklich nichts anderes war, als ein Bogen Pappe! Oder das "Liquid" (LSD in flüssiger Form), das als "100µg/Tropfen" verkauft wurde - was entweder gelogen war, oder aber es hatte bereits ein Zerfall der Substanz eingesetzt: denn das, was 1 Tropfen schließlich an Wirkung hervorbrachte, konnte man mit gutem Willen zwar schon als psychedelische Wirkung bezeichnen, ein wirklich tiefes Erlebnis aber stellte sich erst bei 5-6 Tropfen ein - bei 10DM pro Tropfen ein teurer Trip!
Ein anderes Erlebnis, das nun schon 10 Jahre zurückliegt, ließ mich damals im Ernst an die Geschichte mit dem Strychnin glauben: damals gab es LSD-Trips in Form von weißen Pappen auf die in rot die Sanskrit-Silbe "OM", das heilige Wort des Buddhismus und Hinduismus, gedruckt war. Die Qualität des LSD war zunächst "gut", soweit ich das heute beurteilen kann. Dann aber sah der Aufdruck plötzlich anders aus. Die Pappen wurden immer noch als "OMs" gehandelt, es war immer noch das gleiche Zeichen im gleichen Stil zu sehen, nur hatte es eine jetzt eher purpur-rote Farbe, ganz anders als das Rot vorher. Erstaunlicherweise erzeugten diese Trips bei mir und anderen Kopfschmerz, Nackensteifheit, Bauchschmerzen und das Gefühl nur erschwert atmen zu können. Dies war bei jeder Einnahme der Fall - so dass hier der Verdacht der Verunreinigung oder des Pfuschens bei der Synthese naheliegt, denn die veränderte Farbe schien auf eine neue Produktionsserie hinzuweisen...
Reinheit und Stärke sind Unwägbarkeiten, und auf die Auskünfte der Fachverkäufer ist selten Verlass. Warum sollten sie denn auch sagen: "Ach, weißt du, ich glaube, dass sich inzwischen Einiges an iso- oder lumi-LSD gebildet hat, während diese Pappen 7 Monate in meinem Kühlschrank lagen und vom Kondenswasser durchsetzt wurden - ich geb sie dir deshalb selbstverständlich umsonst!"
Einen zwar aus dem Jahre 1977 stammenden, meiner Meinung nach jedoch noch immer aktuellen Artikel von Bruce Eisner zum Thema der LSD-Reinheit finden Sie unter htpp://www.projektpan.de/LSDreinheit.html. Neben einigen interessanten Informationen zur Chemie des LSD finden sich darin unter anderem auch Berichte der "Veteranen der psychedelischen Revolution", die zu ihrer Zeit - ganz im Gegensatz zu uns heute - durchaus in der Lage waren, die Wirkungen der Schwarzmarktprodukte mit denen des Untergrund-Acids zu vergleichen. Der Grundtenor all der aufgeführten Zitate ist in etwa gleich; es scheint, als sei dem LSD mit der Schwarzmarktproduktion seine "spirituelle Potenz" verloren gegangen...
Allerdings äußerte sich auch hierzu Owsley - um es diplomatisch zu formulieren - sehr reserviert, denn er sagte, ich solle diesen "Bullshit" lieber nicht auch noch in Deutsch veröffentlichen, um nicht "die alten Missverständnisse in meine Generation weiterzutragen". Möge der kritische Leser hierüber selbst entscheiden! Für Anregungen oder Kritik zu diesem Thema stehe ich jederzeit gern zur Verfügung.
Aber neben der "Reinheit der Substanz" gibt es, wie oben bereits erwähnt, noch andere sehr wichtige Faktoren für den Verlauf eines LSD-Trips, die ganz beim Psychonauten selbst liegen, und die seinerzeit von Dr.Timothy Leary mit den Oberbegriffen "Set" und "Setting" bezeichnet wurden (siehe auch http://www.projektpan.de/grof12.html). Das "Set" beinhaltet alle Faktoren, die das Individuum der bevorstehenden Reise entgegenbringt, seine Vorstellungen, Ängste, Erwartungen, Vorerfahrungen, seine derzeitige Verfassung, Kindheitsprägungen, psychische Dispositionen, Traumata, verdrängte, unbewusste Inhalte und ähnliches. Das "Setting" hingegen beinhaltet die Summe der äußeren Umstände, die während der Zeit der Drogenwirkung auf den Reisenden Einfluss nehmen könnten. Dazu zählt die Wahl des Ortes, das Ausschließen unerwünschter Störungen, die Auswahl der Musik und der Umgebungsgestaltung. Auch sollte man sich überlegen, ob man einen introvertierten Trip (in einem gemütlichen, vor äußeren Störungen sicheren Zimmer mit Musik) oder eine Reise in die Außenwelt (reizvolle natürliche Umgebungen, Abgeschiedenheit der Natur) unternehmen möchte.
Die Beachtung all dieser Faktoren erfordert einige Anstrengung, die jedoch unverzichtbar ist, wenn man zum positiven Verlauf des psychedelischen Erlebnisses aktiv beitragen und nicht nur darauf hoffen möchte, "schon das Richtige zur richtigen Zeit" zu tun. Hinsichtlich der Intentionen der heutigen User gebe ich mich keinerlei Illusionen hin; mir ist klar, dass LSD vielfach nur noch als eine Party-Droge unter vielen angesehen wird. Allerdings bin ich der Überzeugung, dass - quasi im Sinne eines "Zufallsbefundes" - auch hierbei noch durchaus profunde spirituelle oder zumindest doch persönlich relevante, ja manchmal auch lebensverändernde Erfahrungen gemacht werden können, so dass ich die Hoffnung nicht aufgeben mag, dass die "psychedelische Revolution" noch immer nicht ganz dem Untergang geweiht ist...
(Unter http://www.drogeninfo.de/files/psychede.htm findet sich eine recht gute, ausführliche Anleitung zum sinnvollen Gebrauch von Psychedelika - besonders für Erstkonsumenten empfehlenswert!)
Der Psychiater und Delphinforscher John C. Lilly ("Das Zentrum des Zyklons", 1972; siehe auch http://www.projektpan.de/3letters.html) über das LSD:
"In gewisser Hinsicht kann man eine LSD-Sitzung metaphorisch als eine Periode der 'Verpuppung' bezeichnen. (...) Die LSD-Sitzung selbst ist die Verpuppung, die Phase der organisierten Desorganisation, in welcher die Dinge sich mit einer Fluidität und Plastizität bewegen, die man normalerweise nicht erlebt. Solange in diesen Prozess der Verpuppung keine Richtung gebracht ist, mag man voller Ungewissheit sein, wie man herauskommen wird: noch als Raupe oder als eine monströse Kombination von Raupe und Schmetterling oder als fertiger Schmetterling."
...!
2003 ist der 60. Jahrestag der Entdeckung der psychotropen Eigenschaften des LSD. Im Rückblick auf die hohe Qualität der Jubiläumstrips Anfang/Mitte der 90er läßt uns dieser zu erwartende "Geburtstag" auf die kompetente Anteilnahme begnadeter Untergrund-Chemiker hoffen!
2006 wird Albert Hofmann 100 Jahre alt...!
Zeh,
Oldenburg, den 13.Januar 2004
Let The Sun Shine In!
Der oben stehende Beitrag stammt ursprünglich von der leider vom Netz gegangenen Seite htpp://www.projektpan.de und ist eigendlich nicht mehr im Internet auffindbar
(eine zum Teil etwas überarbeitete und aktualisierte Version eines ursprünglich 2002 für mindeye.net verfassten Artikels)
Die farblose, geruchlose und geschmacksneutrale Verbindung Lysergsäurediäthylamid wurde erstmals 1938 in den Baseler Labors der Firma Sandoz von dem Chemiker Albert Hofmann als die fünfundzwanzigste in einer Serie von Ergotamin-Verbindungen synthetisiert - ursprünglich mit der Absicht, ein Analeptikum (Kreislauf- und Atmungsstimulanz) zu entwickeln.
Ergotamin, der Ausgangsstoff für die Lysergsäure, kann aus den Alkaloiden des Mutterkorns gewonnen werden, eines Pilzes (Claviceps purpurea), der auf Roggen schmarotzt und der zum einen in der mittelalterlichen Geburtshilfe von den "Weisen Frauen" zur Geburtseinleitung gebraucht wurde (Namensgebung), der zum anderen aber auch für einige mehr oder weniger gut dokumentierte Fälle von Massenvergiftungen verantwortlich ist, die durch den Verzehr von kontaminiertem Roggenmehl hervorgerufen wurden. Ich selber kann hierzu keine Quelle angeben - es las mir lediglich einmal jemand einen Bericht über eine solche Ergotamin-Vergiftung vor, die im 20. Jahrhundert in Frankreich ein kleines Dorf fast komplett befallen hatte. Zunächst, so der Bericht, verfielen die Vergifteten in Rauschzustände, die denen des LSD nicht unähnlich gewesen zu sein scheinen und die bis zu mehreren Tagen anhielten. Währenddessen kam es aber auch, je nach Vergiftungsgrad, zu immer schwereren körperlichen Symptomen. Extreme Durchblutungsstörungen führten in weniger schweren Fällen zum Taubwerden und Absterben einzelner Gliedmaßen, im Extremfall folgte der Tod durch Kreislaufversagen. ("Ergotismus, St.Antonius-Feuer, Höllen-Feuer, ...")
Heute noch wird das Ergotamin in therapeutischer Dosierung als Migräne-Mittel benutzt.
Albert Hofmann in "LSD - mein Sorgenkind" über die Zeit der Erstsynthese 1938:
"Bei der Prüfung von LSD-25 in der pharmakologischen Abteilung bei Sandoz (...) wurde eine starke Wirkung auf die Gebärmutter festgestellt. Im Übrigen war im Untersuchungsbericht vermerkt, dass die Versuchstiere in der Narkose unruhig wurden. Die neue Substanz erweckte aber bei unseren Pharmakologen und Medizinern kein besonderes Interesse; weitere Prüfungen wurden deshalb unterlassen."
1943 erinnert sich Hofmann der fünf Jahre lang vergessenen Substanz:
"Eine merkwürdige Ahnung, dieser Stoff könnte noch andere als nur die bei der ersten Untersuchung festgestellten Wirkungsqualitäten besitzen, veranlasste mich, fünf Jahre nach der ersten Synthese LSD-25 nochmals herzustellen, um es erneut für eine weitere Prüfung in die pharmakologische Abteilung zu geben."
Während Hofmann an der erneuten Synthese von LSD-25 arbeitet, kontaminiert er vermutlich seine Haut mit einer Spur der kristallinen Substanz und muss aufgrund "ungewöhnlicher Empfindungen" das Labor vorzeitig verlassen. Darauf schickt er folgenden Bericht an seinen Vorgesetzten:
"Vergangenen Freitag, 16.April 1943, mußte ich mitten am Nachmittag meine Arbeit im Laboratorium unterbrechen und mich nach Hause begeben, da ich von einer merkwürdigen Unruhe, verbunden mit einem leichten Schwindelgefühl, befallen wurde. Zu Hause legte ich mich nieder und versank in einem nicht unangenehmen rauschartigen Zustand, der sich durch eine äußerst angeregte Phantasie kennzeichnete. Im Dämmerzustand bei geschlossenen Augen - das Tageslicht empfand ich als unangenehm grell - drangen ununterbrochen phantastische Bilder von außerordentlicher Plastizität und mit intensivem, kaleidoskopartigem Farbenspiel auf mich ein. Nach etwa zwei Stunden verflüchtigte sich dieser Zustand."
Am 19. April 1943 entscheidet sich Hofmann aufgrund der vorhergehenden Ereignisse und Beobachtungen zu einem gezielten Selbstversuch mit LSD. Er wählt, wie er glaubt, eine sehr vorsichtige Dosis von 0,25 mg, 250 Microgramm (µg). Diese nimmt er gegen 16:20 Uhr ein. Um 17:00 ist er kaum noch in der Lage zu schreiben, fährt in Begleitung einer Assistentin mit dem Fahrrad nach Hause (daher das Männlein auf dem Fahrrad auf den 1995er (93er?) Jubiläums-Trips) und läßt, da er befürchtet, sich tödlich vergiftet zu haben, den Hausarzt kommen. Dieser findet seinen Patienten zwar in großer Furcht und Erregung und mit extrem erweiterten Pupillen vor, kann ansonsten jedoch zu keinerlei pathologischen Befunden kommen.
Albert Hofmann machte einen recht hochdosierten LSD-Trip durch, der ihn allein schon aufgrund seines völligen Unvorbereitetseins zutiefst in Panik versetzte. Er erholte sich nach eigenen Angaben - Einzelheiten lese man in der oben angegebenen Quelle nach - recht schnell von diesem ersten tiefen Ausflug in die LSD-Räume, dem im Laufe der Zeit weitere, erquicklichere folgten, z.B. zusammen mit dem Dichter Ernst Jünger im Februar 1951.
Am 25. Januar 2002 wohnte ich der "Hommage a Albert", seiner Feier zum 96. Geburtstag in Berlin bei. Aus gesundheitlichen Gründen konnte er nicht persönlich erscheinen, aber Leute, die ihm begegnet sind, versicherten mir unabhängig voneinander, dass er eine "wirklich eindrucksvolle Erscheinung" sei.
Nungut, vielleicht, so mag man einwenden, haben diese Leute einfach nur zu viel von diesem Zeug, diesem LSD genommen, und...
Lassen wir aber, was die Wirkung angeht, einen Fachmann sprechen. Stanislav Grof, Psychiater, greift auf eine langjährige Erfahrung als LSD-Psychotherapeut (das war vor dem Verbot) zurück und hat einige Tausend LSD-Sitzungen begleitet und ausgewertet.
In seinem Buch "LSD-Psychotherapie" schreibt er zur Pharmakologie von LSD:
"Im Grossen und Ganzen habe ich bei meinen Analysen der Befunde keine deutlich pharmakologischen Wirkungen gefunden, die konstant gewesen wären und daher als drogenspezifisch betrachtet werden können."
Das heißt natürlich nicht, dass es nicht auch häufig auftretende körperliche Wirkungen gebe, wie z.B. eine deutlich verstärkte neuronale Aktivität oder eine Erweiterung der Pupillen. Es gibt jedoch Fälle, in denen selbst die Pupillenerweiterung unter Einfluss von genügend hoch dosiertem LSD-25 ausbleibt. Genauso verhält es sich hinsichtlich der klassischerweise berichteten psychischen Veränderungen in Form von gestaltlichen Visionen, abstrakten Mustern, kaleidoskopartig sich wandelnd, Synästhesien, dem Verschmelzen von Eindrücken, Halluzinationen, geschmacklich, geruchlich, im Sehen und im Hören und taktil, Veränderungen der Körperwahrnehmung, des Raumes und Veränderungen der Zeit; Empfindungsveränderungen wie dem scheinbar paradoxen und doch möglichen Verschmelzen gegensätzlicher Gefühle wie z.B. von Trauer und Freude - oder einer tiefen emotinalen Klarheit, großer Gefühlsausbrüche jeder Schattierung, der veränderten Selbstwahrnehmung als entgrenzt, beengt, frei, gefangen, tot oder lebendig, der veränderten Realitätswahrnehmung: Telepathie! Paranoia? Heiligkeit! Wahnsinn? (...Ein "Dankbarer Toter": das lautlose, strahlende Zerbersten in der Weite des inneren Raumes - die Leere dahinter - all-EIN...) Wesen Anderer Dimensionen, Götter Längst Vergessener Zeiten, UFOnauten, Psychonautische Bewußtseins-Zauberer, Ein Netz Von Diamanten, das Unnennbare - Gott - Transzendenz - ...!
Gut - o.k. - ich habe mich für einen Moment vergessen:
Es gibt also keine so konstanten Wirkungen des LSD, als dass sie als rein pharmakologisch gelten könnten. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass es andere Determinanten der Wirkungsausprägung geben muss - und hierzu zählen vor allem die Umgebungssituation (Setting) und die lang-, sowie kurzfristigen innerseelischen Vorraussetzungen (Set), die der Reisende selbst in den Trip mit einbringt. Die Wichtigkeit des "Sets" wird am deutlichsten durch Grofs Schilderungen dieser Komponente in Hinsicht auf psychische Erkrankungen: Ein Mensch zum Beispiel, der krankhaft stark auf den Erhalt der Selbstkontrolle fixiert ist ("Zwangs-Neurotiker") und nichts mehr fürchtet, als den Verlust derselben, wird höhere Dosen LSD verkraften, wörtlich also mit viel Kraft unterdrücken, so dass ihm auch keine der möglichen psychischen Effekte erscheinen. (Das gleiche mag in leicht abgewandelter Form für indische Yogis gelten.) Andererseits kann eine Person mit psychotischer Neigung bereits durch vergleichsweise geringe Mengen LSD eine akute Verschlechterung der psychischen Situation bis hin zur völligen psychotischen Krise durchmachen.
Selbstverständlich sind diese beiden Beispiele die extremen Enden der Skala - dazwischen tut sich dem geistig und körperlich gesunden Reisenden für etwa 12 Stunden nach Einnahme eine unendliche Vielschichtigkeit möglicher Erfahrung auf.
In der Packungsbeilage des LSD, das von Sandoz schließlich als "Delysid" zur psychiatrischen Behandlung und zu Forschungszwecken bereitgestellt wurde (als 1ml-Ampullen, die 100 µg LSD enthielten und als Filmtabletten mit 25 µg) heißt es über die Eigenschaften:
"Die Verabreichung sehr kleiner Mengen Delysid (1/2 - 2 µg/kg Körpergewicht) führt zu vorübergehenden Affektstörungen, Halluzinationen, Depersonalisierungszuständen, Nacherleben verdrängter Erinnerungen und schwachen neuro-vegetativen Symptomen. Die Wirkung tritt nach 30 bis 90 Minuten ein und hält gewöhnlich für 5 bis 12 Stunden an. Gelegentlich jedoch kann es zu intermittierenden Affektstörungen kommen, die über einige Tage anhalten."
Als Indikation zur Verabreichung und zur Dosierung läßt uns der Hersteller folgendes wissen:
"a) In der analytischen Psychotherapie zur Förderung seelischer Entspannung durch Freisetzung verdrängten Materials, insbesondere bei Angstzuständen und Zwangsneurosen. Die Initialdosis beträgt 25 µg. Steigerung der Dosis bei jeder Behandlung um 25µg, bis die Idealdosis gefunden wird (für gewöhnlich zwischen 50 und 200 µg). Die individuellen Behandlungsintervalle sollten eine Woche betragen.
b) Experimentelle Studien über das Wesen der Psychose: Indem der Psychiater selbst Delysid einnimmt, wird er in die Lage versetzt, eine Einsicht in die Welt der Ideen und Wahrnehmungen psychiatrischer Patienten zu gewinnen. Um das Studium der Pathogenese psychischer Erkrankungen zu erleichtern, kann Delysid an normale Personen verabreicht werden, wodurch Modell-Psychosen von kurzer Dauer erzeugt werden.
Für normale Personen reicht für gewöhnlich eine Dosis zwischen 25 bis 75 µg aus, um eine halluzinatorische Psychose zu erzeugen (durchschnittlich 1 µg/kg Körpergewicht). Bei manchen Formen der Psychose oder bei chronischem Alkoholmissbrauch sind höhere Dosen erforderlich (2-4 µg/kg KG)."
Glücklicherweise ist mittlerweile, nach nun 60 Jahren LSD-Erfahrung, das reduktionistische und pathologisierende Konzept der Modell-Psychose überholt. Ein reflektiertes und schlüssiges Modell stellt Grof mit seiner Theorie von den verschiedenen Matrizen des Unbewussten vor - leider aber nützt auch das uns heute nur bedingt, denn bereits 1966 (3 Jahre nachdem Richard Alpert und Timothy Leary aus Havard rausgeflogen waren und die "League of Spiritual Development" gegründet hatten) wurde der wissenschaftlichen Forschung endgültig der Riegel vorgeschoben, indem LSD illegal gemacht und zunächst in den USA, dann weltweit - geächtet wurde.
Das Aufblühen des Schwarzmarktes, vor dem Dr. Leary in den Kongressanhörungen Mitte der 60er noch ausdrücklich gewarnt hatte, war die Folge. Anstelle für gewissenhafte und gewinnversprechende Forschungsarbeit, wurde LSD nun in der Subkultur für unkontrollierte Selbstversuche benutzt. Einige dieser Privatsitzungen, wie z.B. die berühmten Acid-Tests der Gruppe der "Merry Pranksters" rund um den Schriftsteller Ken Kesey ("Einer flog übers Kuckucksnest"),
wurden sicherlich mit einem großen Verständnis für die Sache und den Menschen an sich durchgeführt (...war auch eh vor dem Verbot!). Zwangsläufig aber kam es unter der Vielzahl von Konsumenten von Schwarzmarkt-LSD zu einer Reihe von Zwischenfällen, die den Medien, die das Anti-LSD-Programm der Regierung unterstützten, ein gefundenes Fressen waren. Schnell wurden "wissenschaftliche" Studien vorgelegt, die Chromosomenbrüche durch LSD-Konsum "bewiesen".
Mit dem Schwarzmarkt tauchte ein weiteres Problem auf: Die Frage nach der Reinheit der verkauften Substanz. Es kursierten bald Gerüchte über reines Strychnin, das als LSD angeboten wurde, oder über LSD, das mit dem Gift versetzt gewesen sei.
Erowid hierzu:
"Betrachtet man den Ursprung der Gerüchte über Strychnin (in LSD), findet sich dafür eine nur schmale Basis. Einer der Hinweise aus der professionellen Literatur stammt von Sid Schnoll (Schnoll, SH & Vogel, WH (1971) New Engl.), welcher von einem positiven Ergebnis einer Dünnschicht-Chromatographie einer LSD-Probe berichtet. Die Dünnschicht-Chromatographie ist lediglich ein Screening-Test und nicht zur definitiven Identifikation geeignet. Auf Nachfrage antwortete Sid aus der Erinnerung, dass die Probe nur eine Spur Strychnin enthalten habe und dass dieses Ergebnis nie mittels einer anderen Methode überprüft worden sei.
Der andere Bericht stammt aus der populären Veröffentlichung Albert Hofmanns "LSD:mein Sorgenkind". Hier spricht Hofmann davon, dass Strychnin als LSD-Pulver verkauft worden sei, wobei eine von zwei Personen, die dieses zu sich genommen hatten, zu Tode gekommen sei. Ebenfalls auf Nachfrage, konnte sich Albert weder zu Details der vorgenommenen Analyse der ihm vorgelegten Probe noch zum klinischen Verlauf im Falle der beiden Personen äußern. Er sagte jedoch, dass sich dieser Vorfall 1970 ereignet habe und dass niemals toxikologische Analysen solcher klinischer Proben vorgenommen worden seien. Man beachte, dass es in diesem Fall gar nicht um LSD ging. Es war kein LSD mit Strychnin verunreinigt worden, sondern vielmehr wurde Strychnin als LSD verkauft."
Was auch zu bedenken ist: wenn das LSD nicht gerade als Flüssigkeit oder in normaler Tabelettenform (=großes Volumen), sondern als bedruckte Papierstreifen (engl. Blotter) oder Micro-Dots (Stecknadelkopf große Bröckchen) angeboten wird, so kann dieses Medium niemals mehr als allerhöchstens wenige Milligramm aufnehmen. Laut Literatur liegt die LD 50 des Strychnins (=die Stoffmenge, die durchschnittlich 50% der Versuchspersonen umbringen würde) um 300mg. Der Abstand zwischen wirksamer und tödlicher Dosis ist beim Strychnin sehr schmal, so dass eine Strychnindosis, die überhaupt Vergiftungssymptome auslösen würde, ohne den Konsumenten umzubringen, weit über der Menge läge, die auf ein Papier passt. Zu den Symptomen einer Strychninintoxikation zählen:
-Zittern/Zuckungen (Tremor)
-Atemnot
-Angstgefühl (angstvolle Ich-Auflösung)
-schwere Krämpfe bei vollem Bewußtsein
-Tod durch Atemlähmung/Ersticken (infolge der Beteiligung der Atemmuskulatur am Krampfverhalten)
Weiter problematisiert wird die Situation nun dadurch, dass das LSD selbst psychosomatische Symptome hervorbringen kann, die sich ähnlich äußern wie die Vergiftungszeichen bei Strychnineinnahme. Gerade das oben erwähnte "Angstgefühl" stellt keine Seltenheit dar, auch zur "Ich-Auflösung" kommt es bei entsprechender Dosierung leicht; ob dies nun als "erleuchtend" und "befreiend" oder aber als "zutiefst schrecklich" empfunden wird, obliegt allein dem Erleben und der Interpretation des Beobachters!
Werden verdeckte psychische Inhalte von traumatischer Natur aufgedeckt und nacherlebt, können bisweilen sehr dramatische Symptome auftreten. Stan Grof berichtet von Einzelfällen, in denen Patienten eine bestimmte Phase des eigenen Geburtsprozesses nacherlebten, in der das Kind im Geburtskanal ungeheurem Druck ausgesetzt ist und u.U. wirklich um sein Leben ringt. Dieses Nacherleben unter LSD-Einfluss rief bei den Patienten z.T. Erstickungsgefühl, wirkliches Blauwerden des Gesichts (Sauerstoffmangel), starkes Erbrechen und das Gefühl äußerster Beklemmung hervor.
Auch Zittern oder Zuckungen können körperlicher Ausdruck der rein psychischen LSD-Wirkung sein.
Dieser Aspekt ist nicht zu unterschätzen; es ist wesentlich wahrscheinlicher, im LSD-Rausch auf Gebiete der eigenen Psyche zu stoßen, die man nicht handhaben kann, ohne dabei auch körperliche Veränderungen zu bemerken, als dass man tatsächlich aufgrund toxischer Beimengungen eine Vergiftung erlitten hätte.
Andererseits versteht es sich aber von selbst, dass, nachdem das Strychnin-Gerücht in Umlauf war, es sein Übriges dazu beitrug, dass seltsame Körperempfindungen entsprechend interpretiert wurden...
Interessant ist "Erowids" Beleuchtung möglicher chemischer Zusammenhänge:
"Strychnin ist nicht die Ursache für Krämpfe, Übelkeit oder amphetaminähnliche LSD-Effekte. Es ist jedoch möglich, dass stümperhaft synthetisiertes LSD letztlich auch andere Ergotamin-Derivate enthält, die zu den bedrohlichen Körperreaktionen beitragen, die von manchen LSD-Konsumenten erlebt werden. Auch kann es sein, dass Schwarzmarktware vereinzelt die dem LSD chemisch eng verwandten Stoffe 1-Methyl-LSD und 1-Acetyl-LSD enthält, die in wässriger Lösung zwar zu LSD zerfallen, in ihrer ungelösten Form jedoch ebenfalls sehr unangenehme Körperempfindungen induzieren können. (Peter Stafford behauptet in seiner "Psychedelic Enzyclopedia", dass 1-Acetyl-LSD eine vermutlich sanftere Wirkung zeigt, als d-LSD --- weshalb die Vermutung naheliegt, dass es sich beim "strychninverseuchten Acid" eigentlich um reines d-LSD handelt, während "reines LSD" 1-Acetyl-LSD oder irgendein anderer Ersatz sein könnte.) Nicht zu vergessen die Zerfallsprodukte von LSD, die Chemikalien iso-LSD und lumi-LSD, die ebenso bei einigen Trips zur körperlichen Belastung beitragen, möglicherweise mittels eines hypothetischen synergetischen Effektes. Ausgehend von diesem Pfuhl an möglicherweise in "Straßen-Acid" enthaltenen Chemikalien , braucht man nicht lang nach einer Chemikalie suchen, die fast nie in analysierten Proben gefunden wurde, um die Variationen von Stärke und "Reinheit" des Straßen-Acid zu erklären.")
Last not least einige Anmerkungen zur Flüchtigkeit des Lysergsäurediäthylamids von Alexander Shulgin, dem Entdecker des MDMA und einer ganzen Reihe anderer psychotroper Phenylethylamine:
"Das LSD-Molekül ist von aussergewöhnlich lockerer Struktur, weswegen einige Bemerkungen zu Stabilität und Lagerung angebracht sind. Als Salz in wäßriger Lösung und ohne dass es Luft oder Sonnenlicht ausgesetzt ist, hält es sich ewig. Die Molekülstruktur weist zwei Schwachstellen auf. So kann die Kohlenstoff-Gruppe an der achten Bindungsstelle durch basische Umgebungsbedingungen angegriffen werden. Durch einen Prozeß, der Epimerisation genannt wird, kann diese Bindung brechen, wodurch Iso-Lysergsäurediäthylamid oder iso-LSD entsteht, was einen anteiligen Verlust von aktivem Material bedeutet. Eine zweite und davon unabhängige Bindungs-Unsicherheit liegt bei der Doppelbindung zwischen jener achten Position und dem aromatischen Ring. Wasser oder Alkohol können - speziell unter dem Einfluss von Sonnenlicht (ultravioletter Anteil!) - an dieser Stelle angebunden werden, so dass das völlig wirkungslose lumi-LSD entsteht. Oh ja, was oft übersehen wird, ist, dass sich für gewöhnlich eine winzige Menge an Chlor im Leitungswasser befindet - und dass unter diesen Umständen auch nur eine ebenfalls winzige Menge LSD in einer solchen LSD-Lösung zu finden sein wird. Da Chlor LSD beim Kontakt zerstört, ist es nicht angebracht, LSD in Leitungswasser zu lösen."
Die Wirkung solcher Zerfallsprodukte (und auch von Nebenprodukten, die während der Synthese entstehen) ist ungeklärt. Der Autor und erfahrene Psychonaut Bruce Eisner teilte mir in einem am 11.01.2004 geführten Telefonat mit, dass er nicht der Ansicht sei, dass diese Nebenprodukte nennenswerte psychotrope Eigenschaften besäßen, dass jedoch davon ausgegangen werden könne, dass sie zu einer Blockade der Rezeptoren führen würden, an die eigentlich das LSD andocken sollte, so dass man folgendes annehmen könne: Vorausgesetzt, wir haben es mit LSD von pharmazeutischer Qualität zu tun (das herzustellen laut Eisner einem kompetenten Untergrund-Chemiker mit der entsprechenden Ausrüstung durchaus möglich sein sollte), von dem jedoch aufgrund von Licht- oder Lufteinwirkung bereits 60% zu Zerfallsprodukten oxidiert worden sind, bzw. diese 60% als synthesebedingte Verunreinigungen vorliegen, so fluten die Nebenprodukte deutlich schneller an und besetzen bereits einen Großteil der Rezeptoren. Für die verbliebenen 40% "reinen" LSDs stehen somit nur noch wenige Rezeptoren zur Verfügung. So kann also der Wirkungseintritt als ein Maßstab der Reinheit angesehen werden. Wirklich sauberes LSD sollte seine ersten Vorboten einer Wirkung nicht zeigen, bevor nicht wenigstens 40 Minuten nach der oralen Aufnahme vergangen sind, während die Isomere oder Nebenprodukte bereits nach etwa 20 Minuten eine latente Wirkung zeigen.
Dazu muss ich jedoch anmerken, dass ich diese Aussage mit Stan "The Bear" Owsley, einem der in Eisners Artikel erwähnten Untergrundchemiker der frühen psychedelischen Zeit, in einer E-Mail Korrespondenz diskutierte, woraufhin er mir erklärte, dass er an Eisners Zurechnungsfähigkeit zweifele und mir auseinandersetzte, dass LSD durch Injektion innerhalb von 60 Sekunden anflute, es etwa 5 Minuten brauche, wenn man es in das Auge träufele, dass der Zeitraum, der zwischen der sublingualen (="unter die Zunge legen") Aufnahme und dem Wirkungseintritt liege, etwa 15 Minuten betrage und dass es beim Schlucken davon abhänge, ob man vorher gefastet habe (10-15 Minuten) oder der Magen voll sei (bis über 1 Stunde). Ganz abgesehen von diesen Daten, die jeder für sich verifizieren kann, ist ganz allgemein nicht geklärt, ob es überhaupt soetwas wie LSD-Rezeptoren gibt.
Um die Verunsicherung nun noch weiter zu steigern, sei darauf hingewiesen, dass einige der von Shulgin entdeckten Phenylethylamine bereits im unteren Milligrammbereich wirksam sind und somit in wäßriger Lösung auch auf kleinen Trägermedien wie z.B. Pappen Platz finden. Zu diesen Stoffen zählen DOB, DOM (STP), 2CB und einige andere. Meskalin hingegen, das zur gleichen Stoffgruppe gehört, käme hierfür nicht in Frage, da es einiger Hundert Milligramm bedarf, um eine psychotrope Wirkung zu erzielen. Solche mutterkorn-fremden Zusätze stellen meines Erachtens nach jedoch nicht wirklich ein Problem dar, denn ein vernünfiger Grund, warum heutzutage solche Substanzen als LSD angeboten werden sollten, liegt nicht unbedingt auf der Hand.
Ich persönlich kann nur sagen, dass ich in den allermeisten Fällen, mit dem, was ich erhielt, auch zufrieden war. Natürlich gab es Ausnahmen, wie z.B. der 100 Mark teure Bogen Pappe, den mir ein freundlich lächelnder Herr in Amsterdam verkaufte, und der wirklich nichts anderes war, als ein Bogen Pappe! Oder das "Liquid" (LSD in flüssiger Form), das als "100µg/Tropfen" verkauft wurde - was entweder gelogen war, oder aber es hatte bereits ein Zerfall der Substanz eingesetzt: denn das, was 1 Tropfen schließlich an Wirkung hervorbrachte, konnte man mit gutem Willen zwar schon als psychedelische Wirkung bezeichnen, ein wirklich tiefes Erlebnis aber stellte sich erst bei 5-6 Tropfen ein - bei 10DM pro Tropfen ein teurer Trip!
Ein anderes Erlebnis, das nun schon 10 Jahre zurückliegt, ließ mich damals im Ernst an die Geschichte mit dem Strychnin glauben: damals gab es LSD-Trips in Form von weißen Pappen auf die in rot die Sanskrit-Silbe "OM", das heilige Wort des Buddhismus und Hinduismus, gedruckt war. Die Qualität des LSD war zunächst "gut", soweit ich das heute beurteilen kann. Dann aber sah der Aufdruck plötzlich anders aus. Die Pappen wurden immer noch als "OMs" gehandelt, es war immer noch das gleiche Zeichen im gleichen Stil zu sehen, nur hatte es eine jetzt eher purpur-rote Farbe, ganz anders als das Rot vorher. Erstaunlicherweise erzeugten diese Trips bei mir und anderen Kopfschmerz, Nackensteifheit, Bauchschmerzen und das Gefühl nur erschwert atmen zu können. Dies war bei jeder Einnahme der Fall - so dass hier der Verdacht der Verunreinigung oder des Pfuschens bei der Synthese naheliegt, denn die veränderte Farbe schien auf eine neue Produktionsserie hinzuweisen...
Reinheit und Stärke sind Unwägbarkeiten, und auf die Auskünfte der Fachverkäufer ist selten Verlass. Warum sollten sie denn auch sagen: "Ach, weißt du, ich glaube, dass sich inzwischen Einiges an iso- oder lumi-LSD gebildet hat, während diese Pappen 7 Monate in meinem Kühlschrank lagen und vom Kondenswasser durchsetzt wurden - ich geb sie dir deshalb selbstverständlich umsonst!"
Einen zwar aus dem Jahre 1977 stammenden, meiner Meinung nach jedoch noch immer aktuellen Artikel von Bruce Eisner zum Thema der LSD-Reinheit finden Sie unter htpp://www.projektpan.de/LSDreinheit.html. Neben einigen interessanten Informationen zur Chemie des LSD finden sich darin unter anderem auch Berichte der "Veteranen der psychedelischen Revolution", die zu ihrer Zeit - ganz im Gegensatz zu uns heute - durchaus in der Lage waren, die Wirkungen der Schwarzmarktprodukte mit denen des Untergrund-Acids zu vergleichen. Der Grundtenor all der aufgeführten Zitate ist in etwa gleich; es scheint, als sei dem LSD mit der Schwarzmarktproduktion seine "spirituelle Potenz" verloren gegangen...
Allerdings äußerte sich auch hierzu Owsley - um es diplomatisch zu formulieren - sehr reserviert, denn er sagte, ich solle diesen "Bullshit" lieber nicht auch noch in Deutsch veröffentlichen, um nicht "die alten Missverständnisse in meine Generation weiterzutragen". Möge der kritische Leser hierüber selbst entscheiden! Für Anregungen oder Kritik zu diesem Thema stehe ich jederzeit gern zur Verfügung.
Aber neben der "Reinheit der Substanz" gibt es, wie oben bereits erwähnt, noch andere sehr wichtige Faktoren für den Verlauf eines LSD-Trips, die ganz beim Psychonauten selbst liegen, und die seinerzeit von Dr.Timothy Leary mit den Oberbegriffen "Set" und "Setting" bezeichnet wurden (siehe auch http://www.projektpan.de/grof12.html). Das "Set" beinhaltet alle Faktoren, die das Individuum der bevorstehenden Reise entgegenbringt, seine Vorstellungen, Ängste, Erwartungen, Vorerfahrungen, seine derzeitige Verfassung, Kindheitsprägungen, psychische Dispositionen, Traumata, verdrängte, unbewusste Inhalte und ähnliches. Das "Setting" hingegen beinhaltet die Summe der äußeren Umstände, die während der Zeit der Drogenwirkung auf den Reisenden Einfluss nehmen könnten. Dazu zählt die Wahl des Ortes, das Ausschließen unerwünschter Störungen, die Auswahl der Musik und der Umgebungsgestaltung. Auch sollte man sich überlegen, ob man einen introvertierten Trip (in einem gemütlichen, vor äußeren Störungen sicheren Zimmer mit Musik) oder eine Reise in die Außenwelt (reizvolle natürliche Umgebungen, Abgeschiedenheit der Natur) unternehmen möchte.
Die Beachtung all dieser Faktoren erfordert einige Anstrengung, die jedoch unverzichtbar ist, wenn man zum positiven Verlauf des psychedelischen Erlebnisses aktiv beitragen und nicht nur darauf hoffen möchte, "schon das Richtige zur richtigen Zeit" zu tun. Hinsichtlich der Intentionen der heutigen User gebe ich mich keinerlei Illusionen hin; mir ist klar, dass LSD vielfach nur noch als eine Party-Droge unter vielen angesehen wird. Allerdings bin ich der Überzeugung, dass - quasi im Sinne eines "Zufallsbefundes" - auch hierbei noch durchaus profunde spirituelle oder zumindest doch persönlich relevante, ja manchmal auch lebensverändernde Erfahrungen gemacht werden können, so dass ich die Hoffnung nicht aufgeben mag, dass die "psychedelische Revolution" noch immer nicht ganz dem Untergang geweiht ist...
(Unter http://www.drogeninfo.de/files/psychede.htm findet sich eine recht gute, ausführliche Anleitung zum sinnvollen Gebrauch von Psychedelika - besonders für Erstkonsumenten empfehlenswert!)
Der Psychiater und Delphinforscher John C. Lilly ("Das Zentrum des Zyklons", 1972; siehe auch http://www.projektpan.de/3letters.html) über das LSD:
"In gewisser Hinsicht kann man eine LSD-Sitzung metaphorisch als eine Periode der 'Verpuppung' bezeichnen. (...) Die LSD-Sitzung selbst ist die Verpuppung, die Phase der organisierten Desorganisation, in welcher die Dinge sich mit einer Fluidität und Plastizität bewegen, die man normalerweise nicht erlebt. Solange in diesen Prozess der Verpuppung keine Richtung gebracht ist, mag man voller Ungewissheit sein, wie man herauskommen wird: noch als Raupe oder als eine monströse Kombination von Raupe und Schmetterling oder als fertiger Schmetterling."
...!
2003 ist der 60. Jahrestag der Entdeckung der psychotropen Eigenschaften des LSD. Im Rückblick auf die hohe Qualität der Jubiläumstrips Anfang/Mitte der 90er läßt uns dieser zu erwartende "Geburtstag" auf die kompetente Anteilnahme begnadeter Untergrund-Chemiker hoffen!
2006 wird Albert Hofmann 100 Jahre alt...!
Zeh,
Oldenburg, den 13.Januar 2004
Let The Sun Shine In!
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