Die Zeremonie fand in Europa statt, wo die Santo Daime Bewegung seit einigen Jahren an Zuwachs gewinnt, auch wenn diese Kirche (ich vermeide das Wort "Religion") in einigen Ländern
starken Repressionen ausgesetzt ist. Wer die Santo Daime Bewegung nicht kennt, kann relativ einfach Informationen im Netz finden, der Grossteil der Seiten zum Thema im Netz ist aber auf
portugiesisch.
Die "Arbeit", wie Daimisten ihre spirituellen Zeremonien nennen, begann gegen neun Uhr am Abend. Alle Teilnehmer, in weiss gekleidet, setzen sich in mandalaartiger Form um den zentralen Altar, auf dem sich Kerzen und Blumen, Ikonen und das allgegenwärtige Kreuz von Caravaca befinden. Nach eröffnenden Gebeten beginnt die Zeremonie mit der Einnahme der "Medizin" - dies wird immer von speziellen Gesängen begleitet, den sogenannten "Hinarios dos servico", die hauptsächlich aus Lobgesängen an Ayahuasca bestehen. Einige dieser Lieder sind zutiefst psychedelisch und die Atmosphäre in einem prächtig geschmückten Raum zum Klang dieser Hymnen Ayahuasca zu nehmen ist an und für sich schon relativ magisch. Hier eines der typischen Servierlieder:
Nachdem alle Teilnehmer ihre Dosis Daime genommen haben, geht die eigentliche Arbeit los: von zentraler Bedeutung im SantoDaime Kult sind die sogenannten Hinarios, religiöse Lieder, die von verschiedenen Personen unter Einfluss der Meisterpflanze empfangen wurden. In dem nunmehr fast hundertjährigen Bestehens der Bewegung hat sich die Liste der Hinarios auf etliche Tausende Lieder erweitert. Die Hinarios repräsentieren in gewisser Hinsicht das "Evangelium" der Daimisten. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Arbeit hauptsächlich darin besteht, die Hinarios zu singen.
Unter Begleitung von Musikinstrumenten wie Maracas, Gitarren, Akkordeon und Klavier werden die Lieder gesungen. Manchmal kann dazu getanzt werden, manchmal singt man im Sitzen.
Um zu verhindern, dass die purgativen Effekte des Ayahuasca den Fussboden versauen, stehen ûberall Mülleimer, oder besser gesagt Brecheimer, bereit. Eine vorher auserwählte Person passt auf, dass es zu keinen Problemen kommt, hilft Leuten die auf die Toilette müssen und hält alles im Blick - hat aber auch eine volle Dosis Ayahuasca getrunken, eine beachtliche und konzentrationsfördernde Arbeit.
Es ist Teil der Technik im Santo Daime seine Konzentration voll und ganz auf die Gesänge zu richten - auch wenn einige der Teilnehmer von den Visionen erschüttert werden und sich teilweise hinlegen müssen, ist die Bedeutung der "Arbeit" dennoch vollständige HIngabe an die Hinarios. Diese Art des Rituals unterscheidet es deutlich vom klassischen Schamanismus, wo der Ayahuasquero seine icaros singt und die Teilnehmer stillschweigend zuhören. Die "trabalhos" im Santo Daime sind dagegen eine Art von psychedelischem Kirchenchor, in dem kollektiv das ewige Myserium verehrt wird. Die Zeremonien finden in gut beleuchteten Räumlichkeiten statt, unterdschiedlich der in der Dunkelheit der amazonischen Ayahuasca-Rituale. Dadurch ist die Dynamik der Erfahrung und das Wirkspektrum der Droge anders ausgerichtet.
Auch wenn manche Neulinge mit ihren Visionen zu kämpfen haben, so schaffen es doch der Grossteil der Teilnahme durch Disziplin und Konzentration stundenlang in ihrer Gesangstrance zu verbleiben. Bei der meinen Zeremonie dauerten die Gesänge bis zum Morgengrauen, etwa 10 Stunden. Ich habe geschätzt, dass wir ungefähr 200 Lieder gesungen haben. In der Nacht, etwa proportionsmässig alle drei Stunden haben wir Ayahuasca getrunken, wobei die Dosis jedes Mal die gleich war. Das für die Arbeit des Santo Daime benötigte Ayahuasca wird in Brasilien angebaut und von Santo Daime Mitgliedern rituell zubereitet, unter Gesängen und fest ritualisierten Pratiken. Nachdem was ich gelesen hab, besteht es aus Baanisteriopsis caapi und Psychotria viridis und Wasser in einer Mischung von 1:1:1.
Die Sitzungen werden von den Mitgliedern als heilend erfahren, sowohl körperlich als auch spirtiuell. Bei der europäischen Variante werden die Zeremonien von der Einnahme von Rapé begleitet und wer am Ende der "Arbeit" noch nicht genug hat, kann den Morgen mit einer Kambo-Impfung abschliessen. Es war äusssert interessant an dieser Veranstaltung teilzunehmen und ich werde wohl wieder hingehen. Vorher war die SantoDaime Kirche für mich soetwas wie eine Randerscheinung, die bestenfalls im brasilianischen Acre einen Einfluss ausübt. Die Kirche hat sich mittlerweile aber über die ganze Welt ausgebreitet. Ich war zutiefst beeindrckt von der Ansammlung unglaubluch schöner und spiritueller Lieder und der Hingabe mit der die Teilnehmer sie singen. Die Zeremonie hat eine hohe technische und rituelle Perfektion, was sowohl den Gebrauch von Ayahuasca als auch die Ausführung der Rituale angeht, es ist schon sehr professionell wie hier mit der Droge umgegangen wird.
Die Zeremonie war ziemlich auslaugend, was vor allem an ihrer Länge liegt. Freitag 10 Stunden Gesang, dreimal Ayahuasca, Samstag 10 Stunden Gesang, dreimal Ayahuasca, Kambo, - nach so einem Wochenende ist man platt, aber anders als nach einem Festival oder dergleichen. Die Energie, die für die Arbeit aufkommen muss, scheint im Nachhinein potenziert zurückzukommen. Nach dem Wochenende fühlte ich mich erstaunlich gut, energetisch und mitfühlend anderen Menschen gegenüber.
Hier noch ein Video, indem man relativ gut die verschiedenen Aspekte sehen kann, das Lied ist ein alter Klassiker aus der Gründungszzeit von Maestro Irineu:
(wir haben nicht die Prinzessinenkronen und traditionelle Kluft tragen dürfen, sondern waren einfach in weiss gekleidet - Europa halt
