Tripbericht Fliegenpilz

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Guerillagärtnerin
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Tripbericht Fliegenpilz

Beitrag von Guerillagärtnerin »

26.07.23, etwa 21:00h

-Set: entspannte Stimmung, Vorfreude
-Setting: allein zu Hause bis nächsten Tag, Wohnzimmer, gemütliche Couch, schöne psychedelische Wandbehänge, Süßigkeiten, Wasser, Tonguedrum über Kopfhörer (sehr clean und meditativ)

-Am Nachmittag war ich dort, wo ich letztes Jahr welche gefunden hatte, längerer Spaziergang (ca 2h, ca 10km)

-10g litauische Amanita muscaria, viele verschiedene Stücke von vielen verschiedenen Hüten

Zubereitung: ca 250mL H2O, guter Schuss Limettensaft, dickes Stück Ingwer (in Scheiben) etwa 40 min köcheln lassen (nach ca 10 min Pilzstücke entfernt), danach in eine Tasse gefüllt, mit Leitungswasser aufgefüllt, Löffel Honig rein, lecker

Die erste Hälfte trinke ich bis viertel nach neun, bisschen warten, die Welt fängt an zu glitzern. Dies ist meine vierte spürbare Amanitaerfahrung, die zweite mit dieser Menge. 5g sind nett, da bin ich noch alltagstauglich, aber die Welt glitzert dann bereits ein wenig und dieses Glitzern empfängt mich jetzt: ein leichtes Gefühl optischer Verzerrungen und ein leichtes BZZZZzzzzz.

Bis hierhin habe ich noch random stuff erledigt: den Rest Nudelsuppe geschlürft, Leckereien aus der Küche geholt, schöne Wandtücher mit psychedelischen Motiven aufgehängt (ein buntes mit Pilzen drauf und ein weiß-graues mit Fatimas Hand), ein paar Tüten gedreht, einen Eimer geholt und gehofft, dass das späte Essen nicht töricht war. Beim letzten Mal habe ich den Eimer gebraucht.

Während ich merke, dass es stärker wird trinke ich den Rest des Tees bis ca zehn oder viertel nach zehn und kiffe ein bisschen auf dem Balkon. Die Birke vor dem Haus atmet. Ich weiß, dass sie mit Amanitas verwachsen ist, weil an ihrem Fuß bereits welche wuchsen. Vor einigen Jahren muscarias und letztes Jahr pantherinas. Es ist als hörte ich sie singen. Vor meinem inneren Auge sehe ich die Wurzeln der Birke tief in die Erde reichen und das Mykorrhiza-Myzel daran. In allen verschiedenen Entfernungen oder Vergrößerungen und Perspektiven und das beinahe gleichzeitig. Die Wirkung wird merklich von Minute zu Minute stärker. Ich gehe wieder rein und setze mich auf die Couch. Die Motive auf dem Pilzbild werden immer lebendiger. Ganze Geschichten die plötzlich sichtbar werden entstehen in kleinen Bereichen des Motivs. Dort ist plötzlich ein Bär und daneben ein Hase, geformt aus Licht, Schatten und Kontrast. Ein paar der kleinen Pilze im Bild sehen aus wie Invader Zim und sein RoboHund Gir. Die Fähigkeit des Gehirns aus einer Form ein Gesicht, ein Tier oder eine comicähnliche Figur zu kreieren ist enorm gestiegen. Dann blicke ich zu Fatimas Hand. Drumherum befinden sich noch viele verschnörkelte Muster und -Wow!- überall Gesichter! Als bilde jedes symmetrische Stück auf diesem Bild ein eigenes Wesen. Ich sehe Katzen, Frösche, Raben, Leoparden, Kakteen, Dachse, Schmetterlinge, Blätter, Blüten, ganze Pflanzen, Ziegen, Bären, kleine kecke Wesen, die dazwischen sitzen und Pilze. Jede Menge Pilze. Ich sehe sie praktisch überall: Die Iris des zentralen Auges in der Hand…ist sie nur ein umgedrehter Pilzhut? Ich sehe die Lamellen. Auch die runden Gebilde, die sich um die Hand herum verteilen, auch sie sind Pilzhüte – von unten gesehen. Es ist so offensichtlich. Das Bild ist nicht mehr nur grau und weiß, sondern eher grün, beige und gelb. Ich habe das Gefühl das Kaktuswesen lädt mich ein, fragt mich warum ich noch nicht da war. Die Vielzahl an symmetrischen Individuen strengt mich etwas an, der Fokus verlagert sich wieder auf das Pilzbild.

Was ab hier passiert kann ich nicht chronologisch wiedergeben. Das liegt an der Veränderung der zeitlichen Wahrnehmung durch den Fliegenpilz. Wenn ich blinzle habe ich vor dem inneren Auge ein irres Schillern. Klein, schnell wieder weg aber unglaublich hübsch. Ein bisschen wie Hologrammfolie auf Psilocybin, nur eben nicht so beständig. Wie ein Riss in der Realität und der Blick auf das was dahinter ist. Wie ein aufblitzen. Die optischen Effekte mit offenen Augen sind Wahnsinn: obwohl ich weiß – und auch sehe – dass sich das Bild nicht bewegt, bewegt es sich irgendwie doch und interagiert mit mir, ist mehrfach vorhanden, übereinanderliegend, überlappend und auch wieder nicht.

Und dann sehe ich sie: Aus einzelnen Teilen des Bildes setzt sich etwas wie ein großes Gesicht zusammen. Ich sage laut „Hallo!“ und merke erst hinterher, dass ich was gesagt habe. Ich bekomme auch eine Antwort. __: „Hallo.“, nicht wie ein richtiges Wort, eher wie ein Gedanke. Ein Gedanke, der die Idee `Hallo` formt. Das Gesicht flackert. Es ist nicht nur auf dem Bild, es ist auch vor meinem inneren Auge, in meinem Kopf. Und zwar sehr präsent. Flackernd. Könnte sogar fast etwas gruselig sein. Ich denke an die Tripsimulation von Amanita Dreamer und bin erstaunt über die Parallelen. Da taucht auch so´n creepy Gesicht auf. Flackernd.
__: „Fürchtest du dich nicht?“
Ich: „Nein.“
__: „Gut, das brauchst du auch nicht.“,
in diesem Moment durchflutet mich das krasseste Glücksgefühl. Einfach nur Glück aber so heftig wie noch nie. Ich weiß nicht, ob ich jemals im normalen Leben oder auf irgendeiner Substanz so ein krass starkes Glücksgefühl hatte und ich würde mich im allgemeinen als glücklichen Menschen bezeichnen. Ich sitze auf der Couch und bin einfach nur überwältigt und sage wahrscheinlich zehnmal hintereinander sowas wie „WOW…!“ und „Das fühlt sich so schön an.“, und so Zeug.
Diese Art von Kommunikation, wie ein Dialog, hatte ich auch bei meiner ersten Begegnung mit Amanita muscaria. Es ist nicht wie ein richtiger Satz, den ich höre oder denke, sondern eher ein Gefühl, das sich zu einem Satz oder einer Idee ausformt.

Ich sehe ein Mädchen aus einer anderen Zeit, das feiert. Rentierfelle, Feuer, sie lächelt und zwinkert mir zu. Das war nur eine ganz kurze Szene.
Die Visuals sind so stark. Ich kann nicht mehr richtig unterscheiden zwischen dem was das Auge wahrnimmt und dem, was sich vor dem inneren Auge abspielt. Ich tauche ab in meine Wahrnehmung und spüre die verschiedenen Layer, die einzelnen Schichten meiner visuellen Wahrnehmung: Die Augen, die das Licht aufnehmen, die physikalisch-biologische Schnittstelle sozusagen, dann das was im Sehnerv unter Substanzeinfluss entsteht, zumindest fühlt es sich so an. Kennt ihr das? Man liegt im Dunkeln im Bett und reibt sich die Augen. Durch den mechanischen Druck entsteht ein visueller Reiz, damit meine ich allerdings keine taktil-visuelle Synästhesie, sondern einen echten physikalischen Reiz, der vom Sehnerv ausgeht, aber diesmal eben substanzverursacht. Dann das innere Auge mit den Visionen, dann kommen die echten Synästhesien, unterschiedlich stark in der Ausprägung. Und das ist nur die visuelle Komponente. Es gab also viel zu sehen. Unter Substanzeinfluss habe ich meist keine neuen Synästhesien, aber die vorhandenen verstärken sich mitunter. Allerdings besonders auf Psilocybin. Jetzt mit dem Fliegenpilz kann ich sie eher wie nebeneinander betrachten.

Plötzlich fühlt es sich so an als hätte nicht ich den Pilz genommen, sondern als hätte der Pilz mich genommen; als würde die psychedelische Wirkung dadurch verursacht, dass das nichtindividuelle Pilzwesen in diesem Moment erfahren kann wie es sich anfühlt ein Säugetier zu sein. Wie eine Art Tausch.
Genaugenommen waren es zwei (was wiederum erstaunlich ist, so als nichtindividuelles Wesen..). Sie fanden die Erfahrung der menschlichen Sinne total witzig und interessant: Der nach außen abgegrenzte Fleischsack, der aufstehen und rumlaufen kann. Ich spürte das Mycel, den Boden, die Wurzeln der Bäume, die Moleküle und Informationen die sie übermittelten. Den Boden und die Wurzeln zu spüren hatte etwas beruhigendes. Ich wollte ihnen mitteilen, dass ich für gewöhnlich und ohne ihren Einfluss anders wahrnehme. Das wussten sie und es war ok.
Dann wollten sie schmecken und fühlen. Ich hatte Kekse. Wunderbar frische krachige Kekse. Krrrp krrp krrp. Dieses Gefühl einen frischen Keks zu kauen. Unbeschreiblich. Dann Weingummi. Saures Colazitronenweingummi. Hmmm, Zucker. Und diese Haptik! Als der Zucker in meinem System angekommen war musste ich mich hinlegen. Ich konnte die Augen nicht offen halten und wollte nicht mit Nackenschmerzen erwachen.

Als ich es mir gemütlich gemacht hatte bin ich in meine Kindheit zurückgereist und konnte die Knotenpunkte meiner Erinnerungen betrachten, es war ein riesiges Netzwerk, das über der Realität lag. Auf jedem Knoten stand eine vier- bis fünfstellige Zahl, eine Koordinate. Es fühlte sich so logisch an. Vielleicht hätte ich von hieraus an jeden beliebigen Punkt reisen können. Ich bin aber dort in der Nähe geblieben. Es war eine schöne Erinnerung und das Knotennetzwerk zu betrachten und zu verstehen war großartig. Ich habe mich jeweils nur einige Knoten in eine andere Richtung bewegt und jedes Mal kam dieses Gefühl von Dejà vú und die Erinnerung lag relativ in der Nähe des Ausgangspunktes: Ich mit ca sieben oder acht im Sommer auf der Straße bei meiner Oma. Vielleicht reise ich beim nächsten Mal zu ferneren Knoten.

Um vier Uhr bin ich aufgewacht, nicht mehr ganz so drauf. Hab mir noch was von der Nudelsuppe warm gemacht und ein wenig reflektiert. Das Licht im Bad war aus….das hatte ich eigentlich angelassen, damit ein wenig Licht in der Wohnung ist. Am nächsten Tag habe ich meine Smartwatch gecheckt: Ich war tatsächlich um drei Uhr für ca 20 min wach. Da muss ich das Licht ausgeschaltet haben. Ich habe keinerlei Erinnerung daran.
Am nächsten Morgen bin ich um kurz vor neun aufgewacht, relativ frisch, zufrieden und entspannt. Eine weitere schöne Fliegenpilzerfahrung
May the Spores be with You
Violett2020
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Re: Tripbericht Fliegenpilz

Beitrag von Violett2020 »

Wow deine Reise macht mir Mut, der Pilz ruft mich ebenso hab viel positives über die Heilung des Pilzgeistes aus Russischen Lektüren gelesen und mag mich selbst daran versuchen, wie hast du den die Früchte getrocknet?
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Guerillagärtnerin
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Re: Tripbericht Fliegenpilz

Beitrag von Guerillagärtnerin »

Hallo Violett.
Ich habe die Pilzhüte bereits getrocknet erhalten. Sie wurden nach Angabe der Website bei maximal 40°C im Luftstrom getrocknet. Nach meiner Recherche ist das die schonenste Verarbeitung.
Ich habe dann viele Stücke von ganz verschiedenen Hüten verwendet um einen Durchschnitt des Wirkstoffs zu erhalten.
Auf den litauischen Amanitas bin ich zweimal mit dieser Menge getrippt. Beide Male bin ich gleich vorgegangen und von der Stärke würde ich beide Erfahrungen als gleichwertig bezeichnen. Dabei trinke ich erst die Hälfte und warte ab.
Allerdings nehme ich seit ca Februar in unregelmäßigen Abständen Microdosen zu mir und habe vor dem ersten Trip schon ein paarmal 3g und 5g-Tees gemacht. Ich habe mich also erstmal vertraut gemacht und wenn man so will mal an die Tür geklopft (und ich wurde hineingebeten...)
Nun habe ich welche aus dem Harz und bei der nächsten Erfahrung werde ich mich wohl wieder ganz vorsichtig rantasten.
Viele negative Tripberichte stammen von jungen Männern, so nach dem Motto:
Hab mir ne Unze Fliegenpilze bestellt, die hab ich alle einfach so gegessen. Dann bin ich zu nem Kumpel und wir haben Pizza gegessen, dann musste ich kotzen und dann haben wir n Horrorfilm geguckt und plötzlich war die Welt ganz böse zu mir. Scheiß Fliegenpilze, mimimi.
Ich habe im Vorfeld sehr viel zu dem Thema gelesen und mich weitläufig informiert, was ich jedem ans Herz legen würde.
Was liest man denn in der russischen Lektüre über die Pilzgeister? Ich bin sehr neugierig. Besonders wegen meiner "Kommunikation". Evtl poste ich irgendwann meine erste tiefe Fliegenpilzerfahrung. Die war echt crazy as shit!
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