Rollercoaster & traffic jam // 5g Cubensis

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fuchs
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Rollercoaster & traffic jam // 5g Cubensis

Beitrag von fuchs »

Nach einiger Überlegung möchte ich auch nochmal über ein Erlebnis mit dem Golden Teacher berichten. Habe gezögert, dies auch außerhalb meines Journals zu schreiben, da es 1) doch einige persönliche Momente enthält und 2) vielleicht den Anschein erwecken mag, dass ich nach meinem letzten Post unter Erfahrungsberichte mit Psychedelika vermehrt schlechte Erfahrungen mache.

Gerade was die "schlechten Erfahrungen" angeht, ist es mir wichtig, dies neutral zu betrachten. Es gibt weder positive noch negative Erfahrungen im Erleben. Das sind Interpretationen, die entstehen, wenn wir unsere Schablonen auf das Erlebte anwenden. Bewertungen. Auch wenn Situationen im Moment des Erlebens Widerstände auslösen, so sind es doch schlicht und einfach Erlebnisse, die wir in dem Moment, wenn sie geschehen, nicht in wohligwarmbekannte Kategorien einordnen können.
So sehr ich auch die psychedelischen Erfahrungen voller bliss und Erleuchtung schätze (und dankenswerter Weise duzendfach erfahren durfte), bin ich der Meinung, dass sämtliche Erfahrungen wichtig sind. An dieser Stelle zu filtern oder widerständige Momente zu verschweigen, halte ich für eine Verzerrung der Wahrnehmung.

So sei an der Stelle gewarnt, dass sich die folgenden Absätze (auch) mit Angst und Verwirrung beschäftigen. Wenn ihr Gedanken dazu habt, würde ich mich auch hier über einen Austausch freuen.


2024-01-13 (Sa // 5,0g GT)

Ich wache morgens auf und weiß wieder halbwegs, wer ich bin und was ich getan bzw. nicht getan habe. Das ist schonmal was. Ich spüre eine Form von Dankbarkeit, dass ich wieder „bei Sinnen“ bin und meine Umgebung einordnen kann und doch bleibt ein etwas verkrampftes Fragezeichen zurück, was den gestrigen Abend angeht. Ich glaube, das war alles sehr anstrengend und doch weiß ich es nicht genau. Doch zurück zum Anfang:
Vor knapp anderthalb Monaten begab ich mich auf eine Reise, die irgendwie „nach hinten“ losging. Habe daraus meine Lehren gezogen und konnte auch diesem anfänglich negativem Erlebnis durchaus etwas abgewinnen. „Versuche nicht, dem Psychedelikum etwas abzutrotzen oder ihm deinen Willen aufzuzwingen. Diesen Kampf gewinnst du nicht.“ könnte die Essenz daraus lauten. Nicht, dass ich das nicht gewusst hätte, doch Menschen haben scheinbar die Angewohnheit, sich bei Wiederholungen irgendwann sicherer und ab und gelegentlich zu sicher zu fühlen. Und so habe ich für dieses Mal daran gearbeitet, der Reise mit einem frei verfügbaren Geist zu begegnen. Zwei Fragen habe ich mir mitgenommen für die Reise. Beide darauf gerichtet, wie ich mit meinem jahrelangen und immer noch aktuellen Thema einer Trennung umgehe. Umgehen möchte. Beide aufeinander aufbauend. Und beide mussten nicht beantwortet werden … hatte sie nur im Gepäck, falls ich unterwegs ein Thema gebraucht hätte.

„Was würde passieren, wenn ich loslasse?“
„Wovor habe ich Angst?“

Grundsätzlich habe ich mich gut gefühlt, als ich die Reise antrat. Habe ausreichend geschlafen. Habe mich vermehrt von Informationen von außen ferngehalten. Mit ein, zwei lieben Menschen getroffen. Mich bewegt. Die Woche vorher keine anderen Drogen zu mir genommen oder anderweitig maßlos konsumiert. Mehr meditiert. Bei vielen Handlungen im Kopf gehabt, dass sie ein Teil der Reisevorbereitung sind und doch darauf geachtet, in der Vorbereitung nicht zu penibel zu sein und dadurch zwanghaft im Umgang mit dem Erlebnis zu werden. Ich habe eine hohe Dosis gewählt und auf die Einnahme der Steppenraute verzichtet. Einerseits, da der Mischkonsum nochmal anstrengender zu beobachten ist. Andererseits wollte ich auf keinen Fall wieder mit einer Dosierung an der Schwelle stehen, welche ich dann nicht überschreiten hätte können. Lieber etwas zu viel als etwas zu wenig. Die Wohnung war gereinigt und mit Licht in eine kleine Zauberwelt verwandelt. So habe ich das Gerüst um Dosis, Set & Setting gewissenhaft gebaut und in der Theorie auf Tauglichkeit getestet.

Ich nehme die zermahlenen Pilze um 18:45 Uhr mit etwas Schokoladenpudding ein. Habe keine Zweifel. Gehe sogar erstaunlich entspannt in die Erfahrung. Entscheide mich dafür, der Erfahrung wieder in förmlicher Meditation zu begegnen und setze mich um 18:55 Uhr auf das Kissen – der Timer ist auf eine halbe Stunde gestellt. Es ist keine übermäßig konzentrierte Meditation, sie dient mehr dazu, sich nicht an äußeren Dingen festzuklammern, sondern im Innen zu bleiben. Ich habe nicht die Minuten gezählt, doch weit vor Ablauf des Timers werde ich von dem Pilz förmlich auf eine Reise katapultiert, welche mich immer noch vor ein Rätsel stellt. Zum einen waren die Fragen – mal wieder – ein Gepäckstück, was ich hätte zuhause lassen können. Ein Großteil der Erfahrung spielt sich jenseits der bekannten Gesetze und von Sprache ab. Ich beginne, ****** zu verstehen, als er im Sommer nach 2g Pilzen auf der Wiese lag und das Konzept „Sprache“ nicht mehr umsetzen konnte. Auch ohne Sprache befinde ich mich wieder in einer Umgebung, die jedem Schmutz der sogenannten Realität durch pure Schönheit trotzt. Am ehesten befinde ich mich in einer leuchtenden, kristallinen Kuppel, die so fragil ist und deren Existenz doch durch nichts auf der Welt infrage gestellt werden kann. Eine Art Endgültigkeit. Diese Struktur hat es immer gegeben und wird es immer geben. Eine Art Göttlichkeit, die mir aus anderen Reisen bekannt ist. Und in dieser Göttlichkeit geschieht alles nach einem Gesetz, das über das Individuum, das über alles Leben erhaben ist. ES IST. Dieses Gesetz dient nicht, wie unsere Menschlichen Gesetze, dazu, uns zu reglementieren und dafür zu sorgen, dass wir nach den Regeln spielen. Dieses Gesetz IST das Regelwerk. Genau wie die Vergänglichkeit. Ich ertappe mich noch bei dem Gedanken, dass ich dankbar dafür bin, mich so gut vorbereiten zu können und dass mein Leben nach zwei extrem steinigen Jahren doch in ganz guten Bahnen verläuft.

Szenenwechsel.

Ich falle vom Kissen. Lache ausgelassen. Knie auf dem Boden, den Oberkörper auf der Couch abgelegt. Ringe nach Luft. Folge in meinen Bewegungen einfach dem Drang, mich zu bewegen. Es ist wild, ich habe hier keine Kontrolle mehr. Ektase.

Szenenwechsel.

Ich tanze im Zimmer. Im verspielten Geist dazu bereit, einen Boxkampf mit der ganzen Welt zu beginnen, ohne dabei an Kampf zu denken. Rangeln oder Balgen trifft es eher. Ja! Nimm mich mit, führe mich einem wirbelnden Derwisch gleich hin zum Höhepunkt.

Szenenwechsel.

Ich finde mich im Bad wieder. Das ist gut so. Die Entleerung gehört dazu. Will gar nicht mehr dort weg, so sehr gefällt mir der winzige Raum. Ich stöhne. Tierähnliche Geräusche bahnen sich den Weg durch meine Kehle nach außen. An Gedanken nicht zu denken. Ich bin nur Beobachter der Millionen Facetten auf kleinstem Raum und mir in diesem Moment nicht bewusst, dass scheinbar schon über 2 Stunden vergangen sind.

Szenenwechsel.

Ich sitze auf der Couch, erblicke vor mir ein dezentes Chaos auf dem Boden – ein paar herumliegende Decken und ein halb umgekippter Tisch…als ob es einen Kampf gegeben hat. Ein wenig spüre ich einen Druck im Kopf und im Gesicht. Was ist geschehen? Ich erinnere mich an beinah nichts mehr. Die Erinnerung sind nur Bruchstücke aus den letzten 4 Absätzen. Ich bekomme es ein wenig mit der Angst zu tun: Was ist geschehen? Welcher Tag ist heute? Welche Zeit? Bin ich alleine? Habe ich vorhin noch Menschen gesehen? Habe ich Verpflichtungen? Ich blicke auf die Uhr: 22:45. Ok, das scheint das Ende der Reise zu sein. Dieser Zug endet hier – bitte alle aussteigen. Was ist hier geschehen? Ich fühle mich wirklich, als wäre ich niedergeschlagen worden und hätte nur noch Fragmente an Erinnerungen zur Verfügung. Nicht nur den Abend betreffend, sondern auf mein ganzes Leben bezogen. Wer bin ich? Ich weiß, dass ich in meiner Wohnung bin, doch scheint mir das Konzept „Ein Mensch wohnt in einer Wohnung“ so fremd. Ich glaube, ich arbeite im Rettungsdienst. Doch dieses „ich“ hat keine Verbindung zu mir. Ich war glaube ich bouldern. Mit ****. Wer ist ****? Ich glaube, ein Freund. Was ist Freundschaft? Auch dies scheint eher die Geschichte eines Fremden, als meine eigene zu sein.

****** wollte mich doch zum Jahreswechsel besuchen. Oder war er schon da? Ist denn schon 2024? Welchen Monat haben wir? Habe ich Freunde? Namen und Personen verschwimmen. [Aneinanderreihung von Namen, deren Träger*innen mir allesamt wohlgesonnen und zugewandt sind]. Alle irgendwie wohlgesonnen und doch keine einzelnen Individuen mehr. Eine gruselige Variante des „Einheits-Gefühls“. Habe ich schon häufiger solche Erfahrungen gemacht? Es erscheint absurd, dass ich mit Entheogenen experimentiere, die einen so nah an den Rand des Wahnsinns treiben können. Ich hätte es vielleicht erwartet, auf dem Peak mit einer derartigen Verwirrung konfrontiert zu werden. Doch jetzt nach 3 Stunden? Was ist Zeit? Ich bin völlig wach und verstehe die Welt um mich herum nicht mehr. Kein Gesetz scheint mehr zu gelten. Vielleicht höre ich im nächsten Moment auf zu existieren. Das ist wirkliche Angst. Keine Panik, doch Angst. Ich taste meinen Puls: stabile 70-80 Schläge die Minute. Regelmäßig. Gut tastbar. Alles in Ordnung – scheinbar bin ich doch Mediziner. Ich hatte glaube ich Nachtdienste. Kann mühsam ein paar Szenen von der Arbeit rekonstruieren. Habe ich mir etwa direkt danach „Drogen reingepfiffen“? Das halte ich für unwahrscheinlich. Welcher Tag ist heute? Ich gucke wieder und wieder auf die Uhr. Es ist 22:47. Was ist geschehen? ***** war doch gerade noch da, oder? Wir haben gegessen und gekuschelt. War das zu viel? Ich weiß es in dem Moment nicht mehr. Ich hoffe es nur und bin geneigt, meinen eigenen Maximen zu trauen. War das vorhin oder vor einem Tag? Wie spät ist es eigentlich? Ist der Trip jetzt vorbei oder hat er gerade angefangen? Ich traue mich kaum, von der Couch aufzustehen. Mein Sichtfeld hier ist durch den Vorhang rechts von mir angenehm begrenzt und doch macht mir diese Begrenzung etwas Angst. Was befindet sich dahinter? In diesem Moment wäre alles möglich gewesen. Vielleicht findet sich im Rest der Wohnung eine Spur aus Blut oder Kotze. Oder beidem. Vielleicht liegt irgendwo ein bekannter oder unbekannter Mensch auf dem Boden. Vielleicht steht ***** in der Wohnung und blickt mich fassungslos an.

Gefühlt ringe ich Ewigkeiten damit, aufzustehen um dem Spuk-Konstrukt des Geistes entgegenzuwirken. Jetzt, im Nachhinein betrachtet, wäre es vielleicht eine Idee gewesen, sich genau dieser Leere zu stellen und sie auszuhalten. „Was würde passieren, wenn ich loslasse?“ Vielleicht war das auch eine Erfahrung, die von einigen als Ego-Auflösung bezeichnet wird.

Ich erkenne selbst in dem Moment, dass ich mich in einer psychotischen Wahrnehmung befinde. Ich traue meiner Wahrnehmung nicht. Ich traue der sogenannten Realität nicht. Ich bin körperlich relativ ruhig, doch mein Geist ist so alarmiert, wie sonst nur in akuten Bedrohungssituationen. Ich habe Angst, will dem Ganzen entrinnen. Habe Angst vor mir und was ich in der Zeit der nicht-Erinnerung getan habe. Habe ich eigene oder fremde Grenzen überschritten? Ich bin mir nicht sicher, ob ich am nächsten Tag noch Erinnerungen an diese Angst haben werde und überlege, mich selbst davor zu warnen. Mit Blut an die Wände zu schreiben, scheint mir für einen Moment eine adäquate Methode [Nachtrag: Der Gedanke in dem Moment war einfach als abstrakter Gedanke zu verstehen - ich denke nicht, dass ich zu irgend einem Zeitpunkt auch nur in der Nähe einer Umsetzung - ob mit Edding oder Blut - dessen gewesen wäre. Die Worte sind bewusst so gewählt, um die innere Unruhe an der Stelle hervorzuheben]. Ich denke einen Moment an einen Patienten in der Psychiatrie, welcher uns nach außen hin völlig ruhig und rational darum bat, fixiert zu werden, da er sonst vielleicht Schreckliches tun würde. So ähnlich. Ich überlege, ***** anzurufen und mich so in etwas zu verankern, was mir Halt gibt. Nein, das möchte ich nicht. Ich möchte sie einerseits nicht wecken und andererseits schaffe ich das glaube ich auch allein. Ich möchte haltlos sein und zugleich weg davon. Ich möchte an dieser Erfahrung wachsen und aus ihr lernen. Ich traue mir zu, dass ich keinen Unfug anstelle.

Ich beschließe, mich hinzulegen und nach etwas Schlaf zu suchen. Es scheint mir zwar ein Ding der Unmöglichkeit, doch meine Fragen werde ich durch darauf herumhirnen am Abend nicht lösen können. Auch dies geht vorbei. Jetzt, etwa 14h später, bin ich dankbar, wieder ein paar Spielregeln wiederzuerkennen. Ich bin nicht böse über die Erfahrung. War ich gestern Abend glaube ich auch nicht, es war nur scary as fuck. Erinnerte an die nüchternen Momente der Verzweiflung vor 2 Jahren in Dänemark. Was im Kopf bleibt, ist ein großes Fragezeichen.


2024-01-15 (Mo)

Es ist knapp 54 Stunden her, dass ich die obigen Zeilen schrieb. Ich fühle mich emotional und körperlich etwas matt. Nur etwas. Das beschriebene Ereignis ist immer noch präsent. Wäre auch seltsam, wenn nicht.
Mittlerweile kann ich vielleicht einiges des Erlebten besser einordnen. Habe viel gelesen. Wissen schützt vor Verletzlichkeit, heißt es. Ich möchte die Formulierung des „psychotischen Erlebens“ etwas anpassen. Sicher war es das – so wie jede intensivere psychedelische Erfahrung eine psychotische Komponente hat. Verlust des Realitätsbezugs. Wahnvorstellungen. Halluzinationen. Denkstörungen.
Vielmehr versuche ich, mein Unverständnis gegenüber meiner Umgebung oder meiner Erinnerung zu verstehen. Es scheint, als könnten die oben genannten Dinge – Freundschaften, Besitz, Tätigkeit – nur in Abhängigkeit von einem ICH existieren. In Hinsicht auf Tätigkeit oder Besitz ist diese Vorstellung tatsächlich eher belustigend. Doch auf zwischenmenschliche Beziehungen? Natürlich brauchen diese auch ein ICH in ihrer Dualität. Doch wenn Zwischenmenschlichkeit/Freundschaft auf einmal nicht mehr als diese einzuordnen ist und dadurch einfach zu einem homogenen Brei aus Homo Sapiens wird, finde ich das auch nüchtern eine erschreckende Vorstellung. Wie in dem Film „Der Mann ohne Vergangenheit“. Doch vielleicht ist es nur nüchtern erschreckend und im Erlebnis vor knapp 3 Tagen hat es mir nur aufgrund der Intensität und Plötzlichkeit einen fürchterlichen Schrecken eingejagt. Gerne würde ich nochmal zurück zu dem Moment und ihn dieses Mal aushalten. Vielleicht sogar auskosten. So bin ich vielleicht in der nächsten Begegnung etwas mutiger und zucke nicht instinktiv zurück, wenn das Fundament bebt.

Was mir jedoch noch immer ein Rätsel scheint, ist die Lücke der Erinnerung. Doch vielleicht ist es einfach eine Verzerrung der zeitlichen Wahrnehmung. Vielleicht war ich auch zu sehr damit beschäftigt, mich ekstatisch auf dem Boden zu winden, dass ich die Achtsamkeit außer Acht ließ. Bisher kannte ich derartige Lücken nicht beim Konsum von Pilzen. Ich überprüfe meine Wahrnehmung etwas häufiger als sonst - fühle mich wieder verankert in Erinnerung, Denkstrukturen und Erleben.
Donfoolio
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Registriert: 11. Apr 2015, 16:44

Re: Rollercoaster & traffic jam // 5g Cubensis

Beitrag von Donfoolio »

Starker Tobak. Manche Tryptamin-Erfahrungen sind einfach verwirrend und beängstigend. Mit guter Absicht und Respekt, da weiter machen, wo man aufgehört hat, hilft manchmal den Zug für ein neues Abenteuer zu packen.
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