Naturvölker, Ethnomedizin etc.
Verfasst: 13. Sep 2015, 21:47
Ein kleiner Ausschnitt von einem Interview mit Wulf Schiefenhövel:
Q: http://www.beobachter.ch/natur/forschun ... enschheit/Naturvölker «Heiler ist der älteste Beruf der Menschheit»
Wohl keiner kennt die Rezepte und Tricks der Heiler auf Neuguinea so gut wie Wulf Schiefenhövel. Der Ethnomediziner hat die Naturvölker während Jahrzehnten erforscht.
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BeobachterNatur: Hat das Anrufen der Geister Erfolg?
Schiefenhövel: Natürlich. Es ist ja nicht nur die Psychosomatik, die hier zum Tragen kommt. Diese Heilkunst ist zum Teil auch knallharte Pharmakologie. Die indigenen Völker kennen sich oft sehr gut mit Heilpflanzen aus. Fast alle Völker haben eine Taxonomie entwickelt, ein System von Pflanzennamen, das dem unsrigen entspricht. Sie geben nicht einfach alle rot oder gelb blühenden Pflanzen in einen Topf, sondern ordnen Korbblütler und Steinbrechgewächse eigenen Gruppen zu – das ist das Unglaubliche, Verrückte. Es gibt bei solchen Stämmen Pflanzenkundige, die stecken jeden Botaniker mit links in die Tasche. Wir hatten einmal zwei Botanikprofessoren im Team, die erst nach einem halben Jahr Arbeit mit Herbarexemplaren herausfanden, dass die Einheimischen doch mit ihrer Klassifizierung recht gehabt hatten.
BeobachterNatur: Und haben diese Pflanzen tatsächlich eine Wirkung?
Schiefenhövel: Der Urwald ist quasi eine Apotheke. In vielen Pflanzen stecken pharmakologisch aktive Stoffe, wie sie sich auch in unseren Medikamenten finden. Ich selber hatte mal eine infizierte Wunde am Knie. Ein Heiler spuckte einen Pflanzenbrei darauf, den er zuvor sorgfältig gekaut hatte. Ich war da als Arzt sehr skeptisch. Doch nach ein paar Tagen war die Wunde wunderbar verkrustet und heilte prima.
BeobachterNatur: Sind die exotischen Heiler den westlichen Medizinern gar überlegen?
Schiefenhövel: Nein. Man darf sie nicht zu Superärzten hochjubeln. Vieles, was dort in der traditionellen Therapie geschieht, besteht aus Taschenspielertricks.
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